Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum

Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (englisch European Union Intellectual Property Office, kurz EUIPO; bis 23. März 2016: HABM) mit Sitz in Alicante (Spanien) ist eine Agentur der Europäischen Union, die für die Eintragung der Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster sowie der geschützten geografischen Herkunftsbezeichnungen der EU zuständig ist. Das EUIPO ist nicht zuständig für andere Schutzrechte, z. B. Patente. Allerdings wurden dem Amt durch die Verordnung (EU) Nr. 386/2012 eine Reihe von weiteren Aufgaben in den Bereichen Forschung, Kommunikation, Verbreitung bewährter Verfahren und Unterstützung der Durchsetzung aller Arten von Rechten des so genannten „geistigen Eigentums“ übertragen. Die Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums, die seit 2012 vom EUIPO betrieben wird, ist auch für die Einrichtung und den Betrieb der EU-Datenbank verwaister Werke und des öffentlichen zentralen Online-Portals für vergriffene Werke zuständig.

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (bis 23. März 2016: Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle))
EUIPO
Logo des EUIPO
 
Sitz der Agentur
Englische Bezeichnung EU Intellectual Property Office

(bis 23. März 2016: Office for Harmonization in the Internal Market (Trade Marks and Designs))

Französische Bezeichnung Office de l’UE pour la propriété intellectuelle (bis 23. März 2016: Office de l’harmonisation dans le marché intérieur (marques, dessins et modèles))
Spanische Bezeichnung Oficina de la Propiedad Intelectual de la UE (bis 23. März 2016: Oficina de Armonizacion del Mercado Interior (Marcas, Dibujos y Modelos))
Organisationsart Agentur der Europäischen Union
Sitz der Organe Alicante, Spanien
Vorsitz João Negrão
Weitere Amtssprachen

Englisch, Spanisch, Deutsch, Französisch, Italienisch

Gründung 20. Dezember 1993
EUIPO

Über das Amt

Die Arbeitssprachen des Amtes sind Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Es ist finanziell unabhängig vom Haushalt der Union und finanziert sich über die Erhebung von Gebühren. Im Jahre 2007 hat das Amt mit etwa 650 Mitarbeitern Gesamteinnahmen von über 200 Mio. Euro erwirtschaftet und dadurch einen Überschuss von ca. 60 Mio. Euro erzielt.

Im Jahr 2021 erwirtschaftete das Amt mit rund 1100 Mitarbeitern Gesamteinnahmen von knapp 305 Mio. Euro und ein Finanzergebnis von ca. 27,5 Mio. Euro.

Geschichte

Das Amt wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke (so die damalige Bezeichnung) errichtet. Erst mit der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster wurde es jedoch tatsächlich zu mehr als einem Markenamt. In den Beratungen um die Ansiedlung des Amtes setzte sich Spanien durch, dabei entschied man sich jedoch nicht für Madrid – dort waren mehrere internationale Abkommen zum Markenrecht geschlossen worden –, sondern für Alicante als Sitz des Markenamtes. Durch Verordnung (EU) 2015/2424 wurden mit Wirkung vom 23. März 2016 die Behörde von Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle), kurz HABM, in Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und die Gemeinschaftsmarke in Unionsmarke umbenannt. Hinsichtlich des Designschutzes bleibt es vorerst bei dem Begriff Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Die Verordnung (EU) 2017/1001 von 2017 ersetzte und konsolidierte die vorherigen Verordnungen.

Die Einrichtung des zentralen Online-Portals für vergriffene Werke erfolgte seit 2022 aufgrund der Regelungen zur Verbesserung der Zugänglichkeit vergriffener Werke in Art. 8 bis 10 der Richtlinie 2019/790 EU über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt.

Rechtsgrundlagen

  • Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke
  • Verordnung (EG) Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke
  • Verordnung (EG) Nr. 2869/95 über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren
  • Verordnung (EG) Nr. 216/96 über die Verfahrensordnung vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
  • Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
  • Verordnung (EG) Nr. 2245/2002 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
  • Verordnung (EG) Nr. 2246/2002 über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren für die Eintragung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern
  • Verordnung (EU) Nr. 386/2012 zur Übertragung von Aufgaben, die die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentumsbetreffen, einschließlich der Zusammenführung von Vertretern des öffentlichen und des privaten Sektors im Rahmen einer Europäischen Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums, auf das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
  • Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren
  • Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke
  • Delegierte Verordnung (EU) 2017/1430 der Kommission vom 18. Mai 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Unionsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 216/96 der Kommission
  • Delegierte Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Unionsmarke und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430
  • Richtlinie (EU) 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG
  • Verordnung (EU) 2023/2411 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Oktober 2023 über den Schutz geografischer Angaben für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse und zur Änderung der Verordnungen (EU) 2017/1001 und (EU) 2019/1753

Siehe auch

Literatur

  • Marc Bienert: Europäische Regulierungsagenturen. Demokratische Legitimation und rechtsstaatliche Kontrolle am Beispiel des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum und des Sortenamtes. Nomos, Baden-Baden 2018, ISBN 978-3-8487-4582-1 (zugl. Diss., Universität des Saarlandes, 2017).

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