Aulus Persius Flaccus (kurz Persius; * 4. Dezember 34 in Volterra; † 24. November 62) war ein römischer Dichter etruskischer Abstammung. In seinen Werken, Dichtungen und Satiren lehrte Persius die stoische Lebensweisheit und kritisierte zeitgenössische Missstände. Seine Werke wurden nach seinem Tod vom Philosophen Lucius Annaeus Cornutus herausgegeben und waren bis ins Mittelalter populär. Mit seinem bei ihm erstmals schriftlich erwähnten Motiv des habitare secum hat Persius auch die christliche Spiritualität geprägt.
Leben
Persius wurde am 4. Dezember 34 n. Chr. in Volterra in der Toskana geboren. Seine Eltern waren Flaccus und Fulvia Sisennia; beide gehörten dem Ritterstand an. Der Vater starb, als Persius etwa sechs Jahre alt war, im Jahr 40 n. Chr.; die Mutter heiratete später den Ritter Romanus Fusius, den sie jedoch innerhalb weniger Jahre ebenfalls bestattete.
Bis zu seinem zwölften Lebensjahr, also bis 46 n. Chr., besuchte Persius die Elementarschule in Volterra. Danach nahm er in Rom ein Studium der Grammatik beim berühmten Quintus Remmius Palaemon und der Rhetorik beim angesehenen Verginius Flavus auf. Mit sechzehn Jahren schloss er sich dem stoischen Philosophen Lucius Annaeus Cornutus an – eine Freundschaft, die sein Leben und seine Dichtung nachhaltig prägte. Durch Cornutus lernte er den gleichaltrigen Marcus Annaeus Lucanus kennen, der seine Schriften bewunderte, sowie weitere bedeutende Persönlichkeiten: den Dichter Caesius Bassus (Adressaten der sechsten Satire), Calpurnius Statura, den Konsul Servilius Nonianus (35 n. Chr.) und Plotius Macrinus (Adressaten der zweiten Satire). Im engeren Kreis des Cornutus verkehrte er mit dem Arzt Claudius Agathinus aus Sparta und dem Philosophen Petronius Aristocrates aus Magnesia, die er trotz seines jüngeren Alters bewunderte und nachahmte. Besonders eng war seine etwa zehnjährige Freundschaft mit Publius Clodius Thrasea Paetus, dem Suffektkonsul des Jahres 56 und Verwandten durch Ehe mit Arria der Jüngeren. Spät lernte er auch Seneca kennen, soll jedoch keine gute Meinung von diesem gehabt haben.
Persius dichtete selten und langsam. In seiner Kindheit verfasste er eine Praetexta sowie ein weiteres Buch mit verderbten Titeln und wenigen Versen an Arria. Seine sechs Satiren wurden nach seinem Tod von Cornutus leicht überarbeitet und von Caesius Bassus der Mutter übergeben; ein Buch des Persius kannten Quintilian und Martial.
Er starb am 24. November 62 n. Chr. auf seinen Gütern am achten Meilenstein der Via Appia an den Folgen einer Magenkrankheit. Sein erhebliches Vermögen von etwa zwei Millionen Sesterzen hinterließ er seiner Mutter und seiner Schwester; dem Cornutus vermachte er als Legat seine Bibliothek mit circa 700 Schriftrollen, darunter die Werke des Chrysipp: et libros circa septingentos Chrysippi sive bibliothecam suam omnem.
Persius galt als Mensch von sanftestem Wesen, mädchenhafter Scham, schönem Ruf und vorbildlicher Pietät gegenüber Mutter, Schwester und Tante – ein umgänglicher, zurückhaltender und anhänglicher Charakter, wie es die antike Überlieferung einhellig betont.
Werk
Persius schrieb sechs Satiren im Hexameter. Eine Praetexta (Tragödie mit nationalrömischem Inhalt) und Gedichte auf Arria, die Schwiegermutter des Thrasea (eines befreundeten Politikers), gingen verloren. Ein unvollendetes Satirenbuch wurde von Cornutus bearbeitet; dieser kürzte den Schluss der 6. Satire und entschärfte anstößige politische Anspielungen. Außerdem sind 14 Choliamben (Verse im Hinkjambus) teils am Ende, teils am Anfang der Satiren überliefert.
- Satire: Absetzung der eigenen Intentionen, die sich an der alten Komödie, Lucilius und Horaz orientieren, von der Nichtigkeit des zeitgenössischen literarischen Getriebes
- Satire: handelt vom rechten Gebet
- Satire: handelt vom Zwiespalt zwischen Wissen und Handeln
- Satire: handelt von der Selbsterkenntnis
- Satire: Preisung der Philosophie als Quelle der wahren inneren Freiheit (sie ist dem verehrten Lehrer Lucius Annaeus Cornutus gewidmet)
- Satire: ist an den befreundeten Dichter Caesius Bassus gerichtet und behandelt den rechten Gebrauch des Reichtums
Name
Das Praenomen lautet gemäß einigen Darstellungen Aules, nicht Aulus, denn er stammte aus einer sich ihrer etruskischen Herkunft noch bewussten Familie. Dies begründet die Namensform.
Textausgaben und Übersetzungen
- Aulus Persius Flaccus: Satyren. Text und Uebersetzung, mit Einleitungen und Erläuterungen versehen von Georg Gustav Fülleborn, Prof. Elisabethanum Breslau, Fromann Buchhandlung Züllichau und Freystadt 1794.
- Wendell Vernon Clausen (Hrsg.): A. Persi Flacci et D. Ivni Ivvenalis Satvrae, Oxford 1959 (mehrere Nachdrucke, zuletzt 1992)
- Aulus Persius Flaccus: Satiren. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Walter Kißel, Heidelberg 1990, ISBN 3-533-04126-3
- A. Persii Flacci saturae. Commentario atque indice rerum notabilium instruxit Helgus Nikitinski. Accedunt varia de Persio iudicia saec. XIV-XX. K.G. Saur, München, Leipzig 2002, (Auszüge online).
- Walter Kißel (Hrsg.): A. Persius Flaccus, Saturarum liber (Bibliotheca Teubneriana). Berlin 2007.
Scholien
- Wendell V. Clausen, James E. G. Zetzel (Hrsg.): Commentum Cornuti in Persium. Recognoverunt et adnotatione critica instruxerunt. Saur, München u. a. 2004, ISBN 3-598-71578-1.
- James E. G. Zetzel: Marginal Scholarship and Textual Deviance. The Commentum Cornuti and the early scholia on Persius (= Bulletin of the Institute of Classical Studies. Supplement. 84). Institute of Classical Studies, London 2005, ISBN 0-900587-96-2.
- Udo W. Scholz, Claudia Wiener: Persius-Scholien. Die lateinische Persius-Kommentierung der Traditionen A, D und E. Eingeleitet und herausgegeben unter Mitarbeit von Ulrich Schlegelmilch (= Wissensliteratur im Mittelalter. Band 46). Reichert, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-89500-631-9.
- Udo W. Scholz: Persius-Scholien. Die lateinische Persius-Kommentierung der Tradition C. Unter Mitwirkung von Konrad Goehl eingeleitet und herausgegeben (= Wissensliteratur im Mittelalter. Band 55). Reichert, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-95490-281-1.
- Udo W. Scholz: Persius-Scholien. Die lateinische Persius-Kommentierung der Tradition B. Unter Mitwirkung von Konrad Goehl eingeleitet und herausgegeben (= Wissensliteratur im Mittelalter. Band 58). Reichert, Wiesbaden 2023, ISBN 978-3-7520-0700-8.
Literatur
Übersichtsdarstellungen
- Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. Von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken. Band 2. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin u. a. 2012, ISBN 978-3-11-026525-5, S. 852–861.
- Wilhelm Kroll: Persius (5). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband VII, Stuttgart 1940, Sp. 972–979.
- Prosopographia Imperii Romani (PIR) ² (1998) P 245.
Untersuchungen
- Susanna Braund, Josiah Osgood (Hrsg.): A companion to Persius and Juvenal. Wiley-Blackwell, Chichester u. a. 2012, ISBN 978-1-4051-9965-0.
- Maria Plaza (Hrsg.): Persius and Juvenal. Oxford University Press, Oxford u. a. 2009, ISBN 978-0-19-921697-0.
- Kenneth J. Reckford: Recognizing Persius. Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 2009, ISBN 978-0-691-14141-1.
Rezeption
- Klaus Fetkenheuer: Die Rezeption der Persius-Satiren in der lateinischen Literatur. Untersuchungen zu ihrer Wirkungsgeschichte von Lucan bis Boccaccio (= Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters. 31). Lang, Bern u. a. 2001, ISBN 3-906764-47-8 (Zugleich: Göttingen, Universität, Dissertation, 1997/1998).
Anmerkungen
- Persius, Saturarum liber 4,52.
- Artikel Persius. In: dtv-Lexikon der Antike. 1. Philosophie, Literatur, Wissenschaft Bd. 3: Kos-Plo. dtv, München 1970.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Persius Flaccus, Aulus |
| ALTERNATIVNAMEN | Flaccus, Aulus Persius |
| KURZBESCHREIBUNG | römischer Dichter etruskischer Abstammung |
| GEBURTSDATUM | 4. Dezember 34 |
| GEBURTSORT | Volterra |
| STERBEDATUM | 24. November 62 |
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