Demokratischer Frauenbund Deutschlands

Der am 8. März 1947 in Ost-Berlin gegründete Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD) war eine Frauenorganisation, die in der DDR als Massenorganisation Teil der Nationalen Front war. In West-Berlin entwickelte sich aus den DFD-Kreisverbänden der Demokratische Frauenbund Berlin (DFB). Aus den DFD-Landesverbänden in der Bundesrepublik Deutschland wurde am 8. März 1951 ein eigenständiger Verband, der 1957 verboten wurde. 1990 noch in die Volkskammer gewählt, zerfiel der DFD mit dem sich abzeichnenden Ende der DDR.

Gründung

Der Demokratische Frauenbund Deutschlands wurde auf dem Deutschen Frauenkongress für den Frieden vom 7. bis 9. März 1947 im Admiralspalast in Berlin gegründet. Hervorgegangen ist der DFD aus den am 30. Oktober 1945 gegründeten Antifaschistischen Frauenausschüssen. Dabei wurden die noch heterogenen Frauenausschüsse auf Befehl der SMAD zum DFD vereinigt. Anwesend waren 811 Frauen aus der sowjetischen Besatzungszone, 104 Frauen aus den westlichen Besatzungszonen, ausländische Gäste sowie Beobachter der Besatzungsmächte. Eröffnet wurde der Kongress von Else Lüders. Erste Vorsitzende wurde Anne-Marie Durand-Wever, die sich im April 1948 aus dieser Funktion wieder zurückzog, als der politische Einfluss der SED durchdringend wurde. Elli Schmidt wurde 1949 die nächste Vorsitzende des DFD. Im Jahr 1950 erfolgte die Gründung von Landesverbänden in der Bundesrepublik Deutschland, die jedoch am 10. April 1957 im Zuge des KPD-Verbots als verfassungsfeindliche Organisationen verboten wurden.

Abzeichen und Fahne

Das Abzeichen bestand aus der Buchstabengruppe DFD, die von einem rechteckigen Rahmen eingefasst ist. Das F überragt diesen Rahmen nach oben und unten. Das ganze liegt auf blauem Grund.

Entwicklung in der SBZ/DDR

Der DFD verstand sich als Erbe der deutschen, proletarischen Frauenbewegung. Die zunächst antifaschistische, demokratische, parteipolitisch und religiös unabhängige Organisation wurde schnell zu einer Massenorganisation im Gefolge der SED gleichgeschaltet. Der DFD war im Demokratischen Block der Nationalen Front eingegliedert und stellte anteilmäßig Abgeordnete für die Volkskammer und ab 1952 auch in den Bezirks- und Kreistagen, wo er sich vordergründig für die Realisierung des Verfassungsgrundsatzes der Gleichberechtigung der Frau einsetzte. Der DFD war weitgehend bedeutungslos und erhielt von allen Massenorganisationen das geringste Budget. Er wirkte am Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau mit, das am 27. September 1950 verabschiedet wurde.

Ursprünglich sollte das Arbeitsfeld des DFD im Wohnumfeld sein, wie bei den Frauenausschüssen der Nachkriegszeit, beschloss aber im Oktober 1947 DFD-Betriebsgruppen zu gründen, um den Zugang zu Arbeiterinnen zu gewährleisten. Auf Geheiß der SED mussten diese jedoch Anfang des Jahres 1949 wieder aufgelöst werden.

1948 beteiligte sich der DFD ohne Zustimmung der SED an einer Unterschriftenaktion für das Verbot von Atomwaffen. Mit 5,3 Millionen im Osten sowie 360.000 Unterschriften im Westen war es ein großer Erfolg. Bis 1949 beteiligte sich der DFD aktiv an der DDR-Gesetzgebung. Die von der Verfassungskommission des DFD vorgeschlagene Formulierung für den Gleichberechtigungsgrundsatz wurde in die DDR-Verfassung aufgenommen: „Mann und Frau sind gleichberechtigt.“

Daneben wirkte der Verband am Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau mit, das am 27. September 1950 verabschiedet wurde.

In den 1950er-Jahren ging es um eine verstärkte Produktionsarbeit von Frauen durch Hausfrauenbrigaden, in den 1960er-Jahren waren Schulung und Fortbildung das zentrale Anliegen. In Veranstaltungsreihen und Vorträgen beschäftigte sich der DFD dann verstärkt mit Gesundheits- und Schwangerschaftsberatung.

Nach dem 1. Frauenkongress 1964 kümmerte er sich verstärkt um Frauen, die nicht organisiert, nicht berufstätig oder nur halbtags beschäftigt waren, um sie fürs Berufsleben zu gewinnen. Auf Betreiben des DFD entstanden ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre Frauenakademien und Frauensonderklassen in Bildungseinrichtungen. Der DFD stiftete einen Literaturpreis, der erstmalig am 17. Mai 1968 an Luise Dornemann vergeben wurde. In den 1970er Jahren organisierte der DFD in Bezirks- und Kreisstädten über 200 „Beratungszentren für Haushalt und Familie“, die sich rasch zur praxisorientierten Beratung für Ehe, Haushalt und Säuglingspflege entwickelten.

Ansätze der DDR-Lesbenbewegung in den achtziger Jahren wurden beim DFD abgeblockt.

Hausfrauenbrigaden

Um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Volkswirtschaftlspläne zu erfüllen, war es notwendig, Arbeitskräfte zu rekrutieren. Ab Herbst 1956 wurden nach einer SED-Kampagne unter Zuständigkeit des DFD sogenannte Hausfrauenbrigaden aufgestellt. Unter dem Slogan „Gestern noch Hausfrau – heute am fließenden Band“ wurden um die Arbeitskräfte geworben. Insbesondere in der Landwirtschaft, im Handel und im Dienstleistungsbereich kamen die Hausfrauenbriganden zum Einsatz. In Wäschestützpunkten, Saisonkindergärten, Reparaturstützpunkten und bei der Ernte sind die Frauen unerlässlich.

Ab Herbst 1958 wurden nach einer SED-Propagandakampagne unter Zuständigkeit des DFD-Hausfrauenbrigaden in nahezu allen Wirtschaftsbereichen aufgestellt. Es handelte sich um gering bezahlte oder ehrenamtliche Teilzeitbeschäftigungen. Die bis 1962/63 dauernde Aktion sollte den Arbeitskräftemangel lindern und Hausfrauen dazu bringen, dauerhafte Beschäftigungen aufzunehmen.

Publikationen

Ab 1946 bis zum Jahr 1962 wurde als Organ des DFD die Zeitschrift Die Frau von heute herausgegeben. Sie erreichte eine Auflage von etwa 300.000 bis 600.000 Exemplaren. 1962 wurde ihr Erscheinen eingestellt, nachdem sie von der SED-Führung kritisiert worden war.

Ab 1963 erschien eine neue Frauenzeitschrift unter dem Namen Für Dich. Absicht war es, regelmäßig über den DFD zu berichten. Das geschah erst zuverlässig ab 1983, „als der DFD nach der Intervention der SED-Abteilung eine monatliche Doppelseite in dem Presseorgan zugesprochen bekam“.

Wende und friedliche Revolution

Schluss mit dem DFD – Dienstbar, Folgsam, Dumpf stand auf Transparenten von Frauen bei Demonstrationen im Verlauf der Wende und friedlichen Revolution 1989.

Innerhalb des DFD begann während der Wendetage ein Umbruch, ausgelöst durch ein Gros an Beschwerden. Im November 1989 entschied sich der Verband für eine Erneuerung, verbunden mit dem Rücktritt der langjährigen Vorsitzenden Ilse Thiele am 16. November 1989. Im März 1990 wurden auf dem außerordentlichen Bundeskongress neue Inhalte und eine neue Arbeitsform beschlossen, um den Verband als Interessenvertreterin ostdeutscher Frauen zu erhalten.

Am 18. März 1990 beteiligte sich der DFD an den ersten freien Volkskammerwahlen, erreichte allerdings nur einen Stimmenanteil von 0,33 %. Damit errang er ein Mandat, das von Karin Bencze wahrgenommen wurde. Zusammen mit den 9 Abgeordneten der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) bildete sie die DBD/DFD-Fraktion. Im Zuge der Auflösung der Bauernpartei Ende August 1990 zerfiel die Fraktion, Karin Bencze ging als Gast zur gemeinsamen Fraktion des BFD und der NDPD. Der DFD als Massenorganisation zerfiel.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands kandidierte der DFD am 14. Oktober 1990 noch bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Thüringen, ohne jedoch Mandate zu erlangen.

Nachfolgeorganisation nach der Wiedervereinigung

Am 26. Oktober 1990 beschlossen die Delegierten eines weiteren Bundeskongresses auf der Basis des Grundgesetzes die Umwandlung des DFD in einen gemeinnützigen Verein, den Demokratischen Frauenbund e.V. (dfb), der im Jahr 2003 rund 5.000 Mitglieder hatte. Die Schriftstellerin Gisela Steineckert, die erst im August 1990 Mitglied geworden war, wurde zur ehrenamtlichen Vorsitzenden gewählt.

Dieser unterhält Landesstellen in den fünf ostdeutschen Bundesländern sowie Berlin. Neben seinen anderen Zielen (die Förderung des demokratischen Gemeinwesens, der Organisation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, der Förderung von Toleranz und Völkerverständigung) widmet sich der dfb der Organisation und dem Unterhalt von Frauenhäusern.

Übersicht

  • 1947: etwa 200.000 Mitglieder
  • 29.–30. Mai 1948: 2. Bundeskongress des DFD in Berlin (zu dieser Zeit 260 000 Mitglieder), auch in West-Berlin zugelassen (als DFB), Hauptthemen: Antifaschismus, Wettbewerb, Kindergärten, deutsche Einheit
  • Juli 1948: Bundesvorstandssitzung, DFD verpflichtet sich, Frauen für berufliche Qualifizierung zu gewinnen
  • 2.–3. April 1949: DFD-Konferenz „Mutter, Kind und Lehrerin in Deutschland“
  • 1949: Elternseminare (60.000 Teilnehmer)
  • 1948: Aufnahme des DFD in den IDFF
  • 1948: Unterschriftensammlung für die Ächtung der Atombombe
  • 1985: etwa 1,5 Millionen Mitglieder

Vorstandsmitglieder

  • Helene Beer (LDPD)
  • Emmy Damerius-Koenen (SED)
  • Anne-Marie Durand-Wever (parteilos) als Vorsitzende und als ihre Stellvertreterinnen
  • Käthe Kern (SED)
  • Else Lüders (CDU)
  • Irmgard Neumann
  • Maria Rentmeister (SED)
  • Wilhelmine Schirmer-Pröscher (LDPD)
  • Elli Schmidt 1. Vorsitzende 1947 bis 1953
  • Ilse Thiele (SED) 1. Vorsitzende 1953 bis 1989
  • Lilly Wächter (SPD) 1. Vorsitzende in der Bundesrepublik 1953 bis 1956
  • Maria Weiterer (SED) erste Generalsekretärin
  • Johanna Melzer (KPD), Mitglied des Bundesvorstands (Bundesrepublik)

Kongresse

  • 7.–9. März 1947: I. Bundeskongress, Gründungskongress
  • 29.–30. Mai 1948: II. Bundeskongress
  • 21.–24. April 1950: III. Bundeskongress
  • 16.–19. Mai 1952: IV: Bundeskongress
  • 1.–2. Juli 1954: V. Bundeskongress, gesamtdeutscher Frauenkongress
  • 10.–11. Dezember 1957: VI. Bundeskongress, Weimar
  • 23.–25. November 1960: VII: Bundeskongress
  • 25.–27. Juni 1964: VIII. Bundeskongress
  • 11.–13. Juni 1969: IX. Bundeskongress
  • 27. Februar–1. März 1975: X. Bundeskongress
  • 4.–5. März 1982: XI. Bundeskongress
  • 5.–6. März 1987: XII. Bundeskongress
  • März 1990: außerordentlicher Kongress
  • 26. Oktober 1990: XIII. Bundeskongress

XII. DFD-Kongress 1987

Literatur

  • Gerda Weber: Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD). In: Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Oldenbourg, München 1990, ISBN 3-486-55261-9.
  • Kristin Ehlers: „Das Schicksal Deutschlands liegt in den Händen der Frauen“. Der Demokratische Frauenbund Deutschlands in der ersten Nachkriegsdekade der SBZ/DDR. Universität Münster 1995 (E-Book).
  • Grit Bühler: Mythos Gleichberechtigung in der DDR. Politische Partizipation von Frauen am Beispiel des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands. Campus, Frankfurt/Main, New York 1997, ISBN 3-593-35832-8.
  • Barbara Koelges: Der Demokratische Frauenbund. Von der DDR-Massenorganisation zum modernen politischen Frauenverband. Westdt. Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-531-13682-8.
  • Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, S. 236–240. (Online).
  • Petra Scheidt: Karriere im Stillstand? Der Demokratische Frauenbund Deutschlands im Spiegel seiner Kaderarbeit und der Kaderstrukturen seines hauptamtlichen Funktionärskorps. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-515-10083-0.
  • Grit Bühler: Eigenmächtig, frauenbewegt, ausgebremst. Der Demokratische Frauenbund Deutschlands und seine Gründerinnen (1945–1949). (Dissertation), Campus, Frankfurt/New York 2022, mit Abbildungen, ISBN 978-3-593-51602-8.
  • Grit Bühler: (Die) Mütter der Gleichberechtigung in der DDR. Die frauenbewegte Gründerinnenzeit des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) 1945–1949, in: Bundeszentrale für Politische Bildung, Deutschland Archiv, 7. November 2023 [1]

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