El Sistema

El Sistema (dt.: Das System), offizielle Bezeichnung Fundación del Estado para el Sistema Nacional de las Orquestas Juveniles e Infantiles de Venezuela, ist ein staatlich finanziertes Musikausbildungsprogramm für junge Menschen, das 1975 in Venezuela von dem Pädagogen, Musiker und Aktivisten José Antonio Abreu gegründet wurde. Das Programm ist dafür bekannt, vor allem Kinder und Jugendliche aus von Armut bedrohten Verhältnissen menschlich und musikalisch zu fördern.

Nach offiziellen Angaben der UNICEF umfasste das Programm in Venezuela im Jahr 2022 mehr als 400 Musikzentren und 1000 kleinere Schulen für eine Million junge Musiker, die vorwiegend klassische Musik in Orchestern spielen. Daneben bestehen auch Musikgruppen und Chöre, die der traditionellen Musik des Landes und ihren Instrumenten gewidmet sind. In ähnlicher Weise arbeiten zahlreiche Musikerziehungsprogramme in vielen Ländern der Welt.

Die Nähe der Institution zur Regierung erweckte mitunter den Eindruck, dass die Institution und ihr früherer Dirigent Gustavo Dudamel zu Propagandazwecken der Regierung dienen. In einem Artikel in der New York Times vom 4. Mai 2017 übte Dudamel jedoch wenige Tage nach dem Tod eines Musikstudenten, der an einer Demonstration gegen die Regierung teilgenommen hatte, deutliche Kritik an der Unterdrückung in seinem Heimatland.

Geschichte

El Sistema wurde 1975 unter der Leitung von José Antonio Abreu mit elf Schülern in einer Tiefgarage gegründet. Der offizielle Name lautet Fundación del Estado para el Sistema Nacional de las Orquestas Juveniles e Infantiles de Venezuela (FESNOJIV), was „Staatliche Stiftung für das Nationale System der Jugend- und Kinderorchester Venezuelas“ bedeutet. 2011 wurde das Programm zu Ehren von Simón Bolívar der Fundación Musical Simón Bolívar (Stiftung Simón Bolívar für Musik) unterstellt. Weltweit ist das Programm als El Sistema bekannt. Nach Angaben der UNICEF von 2022 nahmen mehr als eine Million Kinder und Jugendliche täglich an dem Programm teil, das über 443 Zentren (nucléos) und 1704 kleinere Schulen (módulos) in allen 24 Bundesstaaten Venezuelas angeboten wird.

Vor der Gründung von El Sistema gab es in Venezuela lediglich zwei Symphonieorchester, die vorwiegend aus europäischen Emigranten bestanden. Durch die Arbeit von El Sistema entstand 1975 mit dem nationalen Jugendsymphonieorchester das erste ausschließlich einheimische Symphonieorchester.

Abreu war der Meinung, dass „Musik als Agent der sozialen Entwicklung im höchsten Sinne anerkannt werden muss, weil sie die höchsten Werte vermittelt – Solidarität, Harmonie, gegenseitiges Mitgefühl“ und schrieb ihr die Fähigkeit zu, „eine ganze Gemeinschaft zu vereinen und erhabene Gefühle auszudrücken“. So beginnen Kinder in Gruppen zu spielen, sobald sie ein Instrument in die Hand nehmen. Dieses sofortige Eintauchen ist das bemerkenswerteste Merkmal ihres Musikunterrichtssystems. Die Schüler lernen, sich als Teil einer Gruppe zu verhalten und entdecken gleichzeitig die Musik. Ein übergreifendes Ziel von El Sistema ist es, Musikunterricht zum Schutz von Kindern durch Ausbildung und frühzeitge Prävention eines möglichen kriminellen Verhaltens zu nutzen.

Abreu erhielt 1979 für seine Arbeit den Nationalen Musikpreis und wurde 1983 Kulturminister. 1995 wurde Abreu von der UNESCO zum Sonderbotschafter für die Entwicklung eines globalen Netzwerks von Jugend- und Kinderorchestern und -chören ernannt. Außerdem wurde er für die Entwicklung von Orchestern im Rahmen der UNESCO-Initiative „Weltbewegung der Jugend- und Kinderorchester und -chöre“ beauftragt.

Abreu leitete das Programm fast vier Jahrzehnte lang mit der materiellen und kulturpolitischen Unterstützung von sieben aufeinanderfolgenden venezolanischen Regierungen, die das gesamte politische Spektrum von der Mitte-Rechts bis zur späteren linksgerichteten Präsidentschaft von Nicolás Maduro umfassen. Dabei achtete er darauf, El Sistema von der Parteipolitik fernzuhalten, auch wenn El Sistema auf staatliche Förderung angewiesen ist.

Struktur und Arbeitsweise

Die Programme von El Sistema bieten kostenlose Musikausbildung für Instrumente und Chorgesang, wodurch die Entwicklung von Kindern aus allen sozialen Gruppen gefördert werden soll. Hierbei werden bewusst auch Kinder aus benachteiligten Schichten betreut. Das Programm umfasst vier Stunden Musikunterricht und Proben an jedem Nachmittag nach dem Unterricht sowie zusätzliche Übungen am Wochenende. Nach eigenen Angaben besteht das Repertoire der mehr als 1000 Orchester und ebenso vieler Chöre sowohl aus klassischen europäischen Werken (Beethoven, Mahler, Tschaikowski) sowie aus Werken venezolanischer und anderer lateinamerikanischer Komponisten (z. B. Antonio Estévez, Aldemaro Romero) und aus Arrangements venezolanischer Volks- und Populärmusik. Volksmusik und das Erlernen der traditionellen Instrumente werden in zahlreichen entsprechenden Musikgruppen und Chören gepflegt.

Laut offiziellen Aussagen der Organisation besteht das pädagogische Personal im Jahr 2025 aus mehr als 5.000 Lehrkräften. Die meisten Musiklehrer und Dirigenten begannen als Schüler von El Sistema in Jugendorchestern und stiegen durch Erfahrung auf, nicht durch einen Universitätsabschluss. In den größeren Zentren und regionalen Orchestern verfügen die Lehrer oft über Diplome von Konservatorien oder Universitäten, insbesondere in Caracas, Mérida und Maracaibo. Sie werden durch ein Netzwerk für das Management, pädagogische Standards, inklusive digitaler Materialien in einem virtuellen Zentrum, einem Forschungs- und Dokumentationszentrum (Centro de Investigación y Documentación), sowie weiteren Einheiten, z. B. für den Bau und die Reparatur von Instrumenten unterstützt. Außerdem bietet El Sistema auch Musikunterricht in Haftanstalten an, um dadurch zur Resozialisierung von mehr als 1000 Insassen beizutragen.

Um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch zu gewährleisten, verfügt El Sistema an allen Schulen über ein System für Information, Fortbildung und Prävention, inklusive der Möglichkeit für entsprechende Hinweise. Dies wird laut eigenen Angaben durch ein Komittee für Prävention und Schutz der Schülerinnen und Schüler unterstützt, das mit Organisationen wie AVESA (Asociación Venezolana para una Educación Sexual Alternativa), UNFPA, UNICEF und externen Gutachtern zusammenarbeitet.

Vision und Motto

Laut seiner offiziellen Webseite ist das Nationale System der Jugend- und Kinderorchester und -chöre Venezuelas „eine Institution, die der gesamten Gesellschaft offensteht, hohe musikalische Ansprüche hat und zur ganzheitlichen Entwicklung des Menschen beiträgt.“

Seit 1975 lautet das Motto für El Sistema und sein landesweites System von Jugendorchestern „Tocar y Luchar“ (Spielen und Kämpfen). In Anspielung auf die vielen Herausforderungen in der Anfangsphase des Programms drückt es die Entschlossenheit und das Engagement seiner Mitglieder für ihr sowohl musikalisch als auch sozial bedeutendes Projekt aus.

Unterstützung durch die venezolanische Regierung

Die venezolanische Regierung unter Präsident Carlos Andrés Pérez begann nach dem Erfolg von Abreus Orchester 1976 beim „International Festival of Youth Orchestras“ in Aberdeen, Schottland, dieses vollständig zu finanzieren. Von Anfang an unterstand El Sistema nicht dem Kulturministerium, sondern dem Ministerium für Familie, Gesundheit und Sport, was strategisch gesehen zu seinem Überleben beigetragen hat.

Im September 2007 kündigte der damalige Präsident Hugo Chávez in Anwesenheit von Abreu in der Fernseh-Talkshow Aló Presidente ein neues Regierungsprogramm namens Misión Música an, das venezolanischen Kindern Unterricht und Musikinstrumente zur Verfügung stellen sollte. Es wurde betont, dass „verschiedene Ministerien El Sistema bis vor zwei Jahren beaufsichtigten, bis das Präsidialamt die direkte Kontrolle übernahm. Die Mission von El Sistema verläuft parallel zu Chávez' Programm, den Armen Subventionen und Dienstleistungen zukommen zu lassen.“

Die Regierung unter Nicolás Maduro ist bislang der bedeutendste Förderer von El Sistema und übernimmt fast den gesamten jährlichen Betriebsetat sowie zusätzliche Investitionsprojekte. Die Nähe der Institution zur Regierung hat den Eindruck erweckt, dass die Institution und das Orchester als Propagandainstrument der Regierung von Maduro dienen.

Das Nationale Zentrum für soziale Musikförderung

Seit 2011 ist El Sistema im Nationalen Zentrum für soziale Musikförderung in Caracas tätig, einem modernen Gebäude, das über verschiedene Räume für Musikunterricht, Instrumentalproben und Chorproben verfügt. Darüber hinaus gibt es eine Bibliothek, Aufnahmekabinen, Umkleideräume, Cafeterias sowie Verwaltungs- und Gesundheitsdienste. Unter den für die Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen sticht der große Simón-Bolívar-Saal hervor, der Platz für 1.100 Personen bietet und mit einer großen Orgel ausgestattet ist, die von einer Stiftung finanziert wurde. Darüber hinaus gibt es ein Theater, einen Kammermusiksaal und eine akustische Muschel im Außenbereich, die sich im südlichen Teil des Gebäudes befindet, das zum Los Caobos Park gehört, sowie Werkstätten für den Bau von Musikinstrumenten und einen Raum für das Nationale Audiovisuelle Musikzentrum „Inocente Carreño“ (CNAMIC).

Verbreitung regionaler Zentren in Venezuela

Am 6. Juni 2007 gab die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 124 Millionen US-Dollar für den Bau von sieben regionalen Zentren von El Sistema in sieben Großstädten des Landes bekannt. Viele Banker der IDB lehnten das Darlehen ursprünglich mit der Begründung ab, dass klassische Musik nur etwas für die Elite sei. Die Bank führte jedoch Studien mit mehr als 2.000.000 jungen Menschen durch, die im Rahmen von El Sistema ausgebildet wurden, und stellte einen Zusammenhang zwischen der Teilnahme an dem Programm und einer Verbesserung der Schulbesuchsquote sowie einem Rückgang der Jugendkriminalität und der Kriminalitätsrate allgemein fest. Unter Berücksichtigung dieser Vorteile berechnete die Bank, dass jeder in El Sistema investierte Dollar etwa 1,68 Dollar an sozialen Dividenden einbrachte. Mit Unterstützung der Regierung begann El Sistema, sein Musikprogramm in den Lehrplan der öffentlichen Schulen aufzunehmen, mit dem Ziel, bis 2015 in jeder Schule vertreten zu sein und 500.000 Kinder zu unterstützen.

Eine Untersuchung von Connectas aus dem Jahr 2022, die mit Unterstützung des International Center for Journalists durchgeführt wurde, kam jedoch zu dem Schluss, dass die von der IDB finanzierten regionalen Zentren nie gebaut wurden und somit das langfristige Projekt der Bank gescheitert war.

Simón Bolívar Symphonieorchester

Ein weltweit bekanntes Ergebnis von El Sistema ist das Orquesta Sinfónica Simón Bolívar. Mitte der 1990er Jahre gründete Abreu das Nationale Kinder- und Jugendorchester, aus dem viele junge Musiker später in das Simón Bolívar Symphonieorchester wechselten, das dadurch erheblich an Größe gewann. Es ist heute das führende Tourneeorchester des Landes. Es debütierte 2007 unter der Leitung von Gustavo Dudamel bei den BBC Proms in der Londoner Royal Albert Hall und später in der Carnegie Hall, wo es begeisterte Kritiken erzielte.

Das nach der venezolanischen Pianistin benannte Jugendsinfonieorchester Teresa Carreño debütierte im Herbst 2010 mit Auftritten beim Beethovenfest in Bonn, gefolgt von Festivals in Wien, Berlin, Salzburg, Mailand, Amsterdam, Madrid und London. Weitere Jugendorchester von El Sistema sind das Caracas Symphony Youth Orchestra und das National Children's Orchestra.

Blutige Proteste im Jahr 2017

Am 3. Mai 2017 wurde der 18-jährige El Sistema-Bratschist Armando Cañizales während einer Demonstration in Caracas von Sicherheitskräften erschossen. Gustavo Dudamel verurteilte die Reaktion der Regierung auf die Proteste zum ersten Mal am Tag nach der Tat und schrieb in den sozialen Medien: „Ich erhebe meine Stimme gegen Gewalt und Unterdrückung. Nichts kann Blutvergießen rechtfertigen. Es reicht, die gerechten Proteste eines Volkes zu ignorieren, das unter einer unerträglichen Krise leidet.“ – Insgesamt wurden 120 Menschen bei diesen Protesten getötet.

Der Geiger Wuilly Arteaga nahm ebenfalls an den Protesten teil. Er wurde im Juli 2017 wegen öffentlicher Aufwiegelung und dem Besitz von Brandstoffen zu 19 Tagen Haft verurteilt. Bei seiner Verhaftung verbrannte man ihm die Haare, und er wurde mit Stöcken und Helmen geschlagen. Während seiner Haft wurde er viermal verlegt und gefoltert. Bevor er im letzten Gefängnis ankam, wurde er mit einem Metallrohr auf den Hinterkopf geschlagen, was zu inneren Blutungen führte und ihn auf dem rechten Ohr taub werden ließ. Nach seiner Haft berichtete er, dass er miterlebt habe, wie eine junge Frau, die mit ihm zusammen in einem gepanzerten Fahrzeug festgehalten wurde, vergewaltigt wurde. Im selben Jahr verließ Arteaga sein Heimatland.

Die Klarinettistin Karen Palacios unterschrieb für das von der oppositionellen Nationalversammlung organisierte Referendum. Später wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Vertrag mit dem Philharmonischen Orchester gekündigt wurde, weil ihre politische Haltung für das Orchester nicht akzeptabel sei. Palacios prangerte den Vorfall auf ihrem Twitter-Account an, woraufhin er viral ging. Die Klarinettistin wurde in den sozialen Netzwerken angegriffen und bedroht, und während der Proteste in diesem Jahr wurden ihre Tweets zitiert, in denen sie ihre Wut über die Situation und den Missbrauch durch die Sicherheitskräfte zum Ausdruck brachte. Später, am 1. Juni 2019, wurde Palacios von Mitgliedern der Generaldirektion für militärische Spionageabwehr (DGCIM) festgenommen und wegen Anstiftung zum Hass angeklagt. Sie wurde im Nationalen Institut für Frauenorientierung (INOF) in Los Teques im Bundesstaat Miranda inhaftiert und in einer Hochsicherheitszelle festgehalten. Vor Gericht wurde ihre Mutter gebeten, den Fall ihrer Tochter nicht öffentlich zu machen, da „er bald gelöst werden würde“. Am 16. Juli 2019 wurde sie schließlich entlassen.

Rezeption

Anerkennung

Am 22. November 2007 äußerte sich der britische Cellist Julian Lloyd Webber wie folgt zur Ankündigung der britischen Regierung, 332 Millionen Pfund für die Musikausbildung bereitzustellen:

„Wir haben das auch einem armen südamerikanischen Land zu verdanken. Im vergangenen August, mitten in den Schulferien, als eine beunruhigende Anzahl britischer Kinder noch unzufriedener als sonst zu sein schien, kam das Simon Bolivar Youth Orchestra aus Venezuela, um beim Edinburgh Festival und den London Proms Konzerte zu geben, die schlichtweg ein Wunder waren.“

Kritik

Im Jahr 2014 veröffentlichte der britische Musikwissenschaftler Geoffrey Baker einen Zeitungsartikel und ein Buch, das viele der Behauptungen von und über El Sistema anzweifelte und Beispiele dafür nannte, dass ein Großteil der öffentlich verbreiteten Informationen über das Programm übertrieben oder falsch sei. Zu den Vorwürfen gehörten Autoritarismus, übertriebene Disziplin und Konkurrenzverhalten sowie Geschlechterdiskriminierung. Baker argumentierte, dass das Programm unter der progressiven Fassade zutiefst konservativ sei und dass die Behauptungen über die soziale Wirksamkeit unbewiesen seien. In seiner Rezension von Bakers Buch bezog sich Damian Thompson, Kulturredakteur von The Spectator, auf die Behauptung von Baker, dass der mutmaßliche sexuelle Missbrauch junger Musiker in El Sistema Teil des „schmutzigen kleinen Geheimnisses der klassischen Musik“ sei, das auch in anderen Musikinstitutionen existiere.

Baker und William Cheng veröffentlichten 2021 einen Kommentar in der Washington Post, in dem sie schrieben, dass mehrere ehemalige Schüler von El Sistema ihnen berichtet hätten, dass in dem Programm sexueller Missbrauch zwischen minderjährigen Schülern und Lehrern vorgekommen sei. - El Sistema bekundete aufgrund dieser Vorwürfe „uneingeschränkte Solidarität mit den Opfern und ihren Familien“ und erklärte, es werde die Staatsanwaltschaft auffordern, „die Einleitung von Ermittlungen bei jeder Anzeige im Zusammenhang mit jeglicher Form von Gewalt oder Missbrauch zu unterstützen“.

In einer Kritik in der Kolumne Book Review kreidete James R. Oestreich, Musikkritiker der New York Times, Baker methodische Fehler, nicht überprüfbare Quellen und Voreingenommenheit an. Allerdings räumte er ein, dass bisher eine leidenschaftslose Analyse von El Sistema als Gegengewicht zu den ausnahmslos unkritischen und allzu hymnischen Kommentaren fehle und wünschenswert wäre.

Neben Filmen über El Sistema sind zahlreiche Medienberichte, aber auch wissenschaftliche Studien über das Programm und seine Absolventen erschienen.

Ähnliche Programme in anderen Ländern

Inspiriert von El Sistema existieren in zahlreichen Ländern mehr als 250 ähnliche Musikausbildungsprogramme und Orchester für Kinder und Jugendliche. Hierzu gehören unter anderem Sistema Global sowie nationale Programme in den USA, Kanada, Kolumbien, Peru, Uruguay, Guatemala und den Philippinen. In Europa bestehen solche Programme und das Netzwerk Sistemaeurope in zahlreichen Ländern.

In Deutschland existiert seit 2016 das Projekt Hangarmusik in Berlin. Es wurde von Leila Weber, Bratschistin und Orchestermusikerin, und dem Fotografen und Musiker Andreas Knapp in der Folge der Flüchtlingskrise gegründet. Ihre pädagogische Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen wurde 2022 durch den Bundespräsidenten mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Weiterhin wirkt seit 2017 in Dresden-Prohlis die Initiative Musaik – Grenzenlos musizieren. Die Gründerinnen und Musikpädagoginnen Luise Börner und Deborah Oehler wurden 2025 ebenfalls für ihre Arbeit mit dem Bundesverdienstorden geehrt. In Österreich besteht seit 2020 das Sistema Austria, in der Schweiz seit 2012 Superar Suisse - Music for Change.

Vom 18. bis 23. September 2023 wurde in Caracas der zweite Weltkongress El Sistema mit Vertretern aus 44 Ländern aus allen Kontinenten ausgerichtet.

Internationale Auszeichnungen (Auswahl)

  • Glenn Gould Prize für José Antonio Abreu, 2008
  • Prinzessin-von-Asturien-Preis für die Künste für El Sistema, 2008
  • TED Prize für José Antonio Abreu und seine Leistungen für El Sistema, 2009
  • Polar Music Prize in Schweden für El Sistema und Abreu, 2009
  • ECHO Klassik, Sonderpreis für Abreus soziales Engagement, 2011
  • Notre Dame Prize for Distinguished Public Service in Latin America der University of Notre Dame, USA, 2014
  • Ehrendoktor für Abreu der University of London, 2013
  • UNICEF Goodwill Ambassador for Children's Rights, 2022

Filme über El Sistema (Auswahl)

  • Tocar y Luchar (Spielen und Kämpfen), Dokumentarfilm produziert von Alberto Arvelo 2004 über El Sistema.
  • El Sistema, ein 2008 Dokumentarfilm von Paul Smaczny and Maria Stodtmeier. Production: EuroArts Music Production, ARTE France, NHK.
  • Dudamel: Conducting a Life, eine einstündige Public-Broadcasting-Service-Sendung, die sich mit dem Thema Musikausbildung in den Vereinigten Staaten befasst, mit Schwerpunkt auf Gustavo Dudamel und seinen Erfolgen mit dem Los Angeles Philharmonic.
  • El Sistema, eine Reportage auf 60 Minutes der CBS, 2008.
  • Crescendo! The Power of Music. Dokumentarfilm über Sistema-inspirierte Programme in Philadelphia und Harlem, USA, 2014.
  • Mozart in the Jungle. Die Rolle des Rodrigo de Souza (gespielt von Gael García Bernal) weist Ähnlichkeit mit Gustavo Dudamel auf.
  • Das Musikwunder von Caracas - El Sistema: Vom Armenviertel in den Konzertsaal. Fernseh-Dokumentation, Deutschland, 2007, 30 Min., Regie: Peter Puhlmann, Produktion: SWR, Inhaltsangabe auf Planet Schule (SWR/WDR).
  • Die Macht der Musik. (Originaltitel: The Promise of Music.) Fernseh-Dokumentation, Deutschland, 2008, 93 Min., Regie: Enrique Sánchez Lansch, Produktion: ZDF, Erstsendung: 11. Mai 2008

Bekannte Absolventen (Auswahl)

  • Alexis Cardenas, Konzertmeister des Orchestre national d'Île-de-France in Paris
  • Ron Davis Alvarez, Musikdirektor des El Sistema National Orchestra und des Dream Orchestra in Schweden
  • Gustavo Dudamel, Musikdirektor des Los Angeles Philharmonic und der Pariser Oper
  • Domingo Hindoyan, Chefdirigent des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra
  • Raphael Jiménez, Assistenzprofessor für Dirigieren und Direktor des Oberlin College Orchestra
  • Natalia Luis-Bassa, Professorin am Royal College of Music und Principal Guest Conductor des Oxford University Orchestra
  • Diego Matheuz, Chefdirigent des Teatro La Fenice in Venedig
  • Jaime Martínez, erster Oboist des Orquesta Filarmónica de Medellín
  • Gustavo Núñez, erster Fagottist des Amsterdam Royal Concertgebouw Orchestra
  • Rafael Payare, Musikdirektor des San Diego Symphony Orchestra und des Montreal Symphony Orchestra
  • Edicson Ruiz, Kontrabassist und jüngster Musiker, der jemals Mitglied der Berliner Philharmoniker wurde
  • Rodolfo Saglimbeni, Chefdirigent des National Symphony Orchestra of Chile

Literatur

  • Torsten Eßer (2003): Sinfonie der Straße. Die venezolanische Jugendorchesterbewegung. In: Matices. Zeitschrift zu Lateinamerika, Spanien und Portugal. 10. Jahrgang, Nr. 39, S. 55–56.
  • Michael Kaufmann und Stefan Piendl (2011): Das Wunder von Caracas. Wie José Antonio Abreu und El Sistema die Welt begeistern. Irisiana, München, ISBN 978-3-424-15079-7.
  • Elisabeth Elstner (2011): Die soziale Kraft der Musik, Reise zu den venezolanischen Jugend- und Kinder-Orchestern von Venezuela. 2., überarbeitete Auflage, Epubli, Berlin, ISBN 978-3-8442-0662-3.
  • Tricia Tunstall (2012): Changing Lives: Gustavo Dudamel, El Sistema, and the Transformative Power of Music, New York: W.W. Norton & Co., ISBN 978-0-393-07896-1. (englisch)
  • Michael Uy (2012): "Venezuela's National Music Education Program El Sistema: Its Interactions with Society and its Participants' Engagement in Praxis" in Music and Arts in Action, Volume 4, Issue 1. (englisch)
  • Geoffrey Baker (2014): El Sistema: Orchestrating Venezuela's Youth, Oxford University Press. (englisch)
  • Osvaldo Burgos García: La Música y los Valores Humanos. Análisis del flujo de valores humanos dentro del Sistema Nacional de Orquestas Juveniles e Infantiles de Venezuela. Málaga 2015 (spanisch, uma.es [PDF]).

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