Die sogenannte Gemeindeordnung von Medina (arabisch صحيفة المدينة, DMG Ṣaḥīfat al-Madīna) ist ein Bündnisvertrag, den der islamische Prophet Mohammed nach seiner Ankunft in der Stadt Yathrib (später: Medina) im Jahr 622 zwischen den Auswanderern aus Mekka und seinen Helfern in Yathrib schloss. Durch den zweiten Teil des Vertrags sind auch verschiedene jüdische Stämme in das Bündnis eingeschlossen. Das Dokument ist in Ibn Hischāms Bearbeitung von Ibn Ishāqs Prophetenbiographie überliefert; eine defektive Version ist außerdem in dem Kitāb al-Amwāl des Abū ʿUbaid al-Qāsim ibn Sallām (gest. ca. 837) enthalten.
Ziel des Vertrags war, die Feindseligkeiten und Clan-Rivalitäten unter den Vertragspartnern zu beenden und sie gegen Bedrohungen von außen zu vereinigen. Hierzu wurde eine Liste von Rechten und Pflichten für die Unterzeichner aufgestellt, mit denen sie die Grundlage schufen, sich künftig als einzige und einige Gemeinschaft (Umma wāḥida) zu definieren. Die überlieferte Version des Dokuments stammt wahrscheinlich aus dem Jahre 627.
Bezeichnungen
Der Begriff „Gemeindeordnung“ als Bezeichnung für das Schriftstück wurde von Julius Wellhausen geprägt. In dem Text selbst wird das Dokument einfach nur als Kitāb („Schriftstück“, „Buch“) bzw. Ṣaḥīfa ("Blatt") bezeichnet. In der Sekundärliteratur kommen neben „Gemeindeordnung“ auch Begriffe wie „Verfassung“, „Constitution“, „Charta“ usw. von Medina vor, Bezeichnungen, die allerdings „wenig glücklich sind, weil sie zu unsachgemäßen Assoziationen führen können“. Die Frage, ob es sich um einen Bündnisvertrag oder die erste Verfassung des islamischen Staates handelt, wird bis heute unter muslimischen Gelehrten und Intellektuellen intensiv diskutiert.
Aufbau
Wellhausen, der den Text des Dokuments zum ersten Mal untersuchte, teilte ihn in 47 Paragraphen ein. In der Edition von Michael Lecker aus dem Jahre 2003, die heute in der Forschung zugrunde gelegt wird, ist der Text in 64 Paragraphen eingeteilt. Nach Saïd Amir Arjomand setzt sich das Dokument aus drei Teilen zusammen: I. dem Bund der Einheit (§ 1–26), II. dem Pakt mit den Juden von Medina (§ 27–52) und III. der Ergänzung zum Pakt mit den Juden über die Verteidigung der Stadt (§ 53–64). Er teilt das Dokument in 30 Artikel ein, die stärker thematisch gefasst sind. Insgesamt ergibt sich für ihn die folgende Struktur:
- Teil I. Bund der Einheit: Der von Mohammed dem Propheten unterzeichnete Einheitspakt (Art. 1), Verfassung einer vereinten Gemeinschaft (Art. 2), Bestandteile der Gemeinschaft, ihre Organisation und Verantwortlichkeiten (Art. 3), Gegenseitige Pflichten der Vertragspartner (Art. 4), Einheit gegen innere Feinde (Art. 5), Beziehungen mit Ungläubigen (Art. 6), Allgemeine Sicherheit und unteilbarer Schutz Gottes für die Gemeinschaft (Art. 7), Beziehungen zwischen den Vertragspartnern (Art. 8), Einheit im revolutionären Kampf für die Sache Gottes (Art. 9), Verpflichtung zur Einhaltung (Art. 10), Ausschluss der Quraisch aus der allgemeinen Sicherheit (Art. 11), Schutz des Lebens und Institution der Todesstrafe (Art. 12), Verfassungsmäßiger Schlichter und richterliche Gewalt (Art. 13).
- Teil II. Pakt mit den Juden von Medina: Kriegsabgaben (Art. 14), religiöse Toleranz (Art. 15), Genehmigung militärischer Einsätze (Art. 16), Erlaubte und unerlaubte Gewalt (Art. 17), Gottes Garantie (Art. 18), Zusammenarbeit im Krieg und Solidarität (Art. 19), Individuelle Verantwortung und Ansprüche (Art. 20), Etablierung des Heiligen Bezirks (Art. 21), Voraussetzung für Schutz im Heiligen Bezirk (Art. 22), Richterliche Gewalt und verfassungsgemäße Prüfung (Art. 23).
- Teil III. Ergänzung zum Pakt mit den Juden über die Verteidigung der Stadt: Präambel (Art. 24), Bündnis gegen die Quraisch (Art. 25), Beteiligung an Krieg und Friedensstiftung (Art. 26), Neue Verbündete der Vertragsparter (Art. 27), Treueversprechen (Art. 28), Schutz des Heiligtums von Medina und Ausschluss von Kriminellen (Art. 29), Segensspruch (Art. 30).
Arabischer Text und Übersetzung
| Einteilung Lecker | Einteilung Arjomand | Arabischer Text in Transliteration | Übersetzung |
|---|---|---|---|
| Teil I: Bund der Einheit | |||
| § 1 | Art. 1 | Hāḏā kitāb min Muḥammad an-nabī baina l-muʾminīna wa-l-muslimīna min Quraiš wa-Yaṯrib wa-man tabiʿahum fa-laḥiqa bihim wa-ǧāhada maʿahum | Dies ist eine Urkunde von Mohammed, dem Propheten, zwischen den Gläubigen und den Muslimen der Quraisch und von Yathrib, und denen die ihnen folgen und sich ihnen anschliessen und den Dschihad mit ihnen kämpfen. |
| § 2 | Art. 2 | innahum umma wāḥida min dūni n-nās | Sie bilden eine Umma unter Ausschluss aller anderen. |
| § 3 | Art. 3a | al-muhāǧirūn min Quraiš ʿalā ribʿatihim, yataʿāqalūna bainahum wahum yafdūna ʿāniyahum bi-l-maʿrūf wa-l-qisṭ baina l-muʾminīna | Die Muhādschirūn aus dem Stamm der Quraisch halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest und kooperieren in Bezug auf Blutgeld [und damit zusammenhängende Angelegenheiten] und die Lösung ihrer Gefangenen gemäß dem, was unter den Gläubigen üblich und gerecht ist. |
| § 4 | Art. 3b | wa-Banū ʿAuf ʿalā ribʿatihim, yataʿāqalūna maʿāqilahumu l-ūlā, wa-kull ṭāʾifa minhum tafdī ʿāniyahā bi-l-maʿrūf wa-l-qisṭ baina l-muʾminīna | Die Banū ʿAuf halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest und arbeiten weiterhin gemäß ihren früheren Abkommen über gegenseitige Hilfe in Bezug auf Blutgeld (und damit zusammenhängende Angelegenheiten) zusammen. Jede Untergruppe löst ihre Gefangenen nach dem, was unter den Mu'minun üblich und angemessen ist. |
| § 5–11 | Art. 3c | wa-Banū l-Ḥāriṯ ʿalā ribʿatihim, yataʿāqalūna maʿāqilahumu l-ūlā, wa-kull ṭāʾifa minhum tafdī ʿāniyahā bi-l-maʿrūf wa-l-qisṭ baina l-muʾminīna, wa-Banū Sāʿida… wa-Banū Ǧušām… wa-Banū n-Naǧǧār… wa-Banū ʿAmr ibn ʿAuf… wa-Banū n-Nabīt… wa-Banū l-Aus… | Die Banū l-Hārith halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… die Banū Sāʿida halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… die Banū Dschuschām halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… die Banū n-Naddschār halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… die Banū ʿAmr ibn ʿAuf halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… die Banū n-Nabīt halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… die Banū l-Aus halten an ihrer Stammesorganisation und -führung fest… |
| § 12 | Art. 4a | wa-inna l-muʾminīna lā yatrukūna mufraḥan bainahum an yuʿṭūhu bi-l-maʿrūf fī fidāʾ au ʿaql | Die Gläubigen sollen es nicht versäumen, einem Schuldner unter ihnen zu geben, und zwar gemäß dem, was in Angelegenheiten von Lösegeld oder Blutgeld üblich ist. |
| § 13 | Art. 4b | wa-lā yuḥālifu muʾmin maulā muʾmin dūnahu | Kein Gläubiger darf ein Bündnis mit einem Maulā eines anderen Gläubigen eingehen, unter Ausschluss des Letzteren. |
| § 14 | Art. 5 | wa-inna l-muʾminīna l-muttaqīna ʿalā man baġā minhum au ibtaġā dasīʿat ẓulm au iṯm au ʿudwān au fasād baina l-muʾminīna wa-inna aidiyahum ʿalaihi ǧamīʿan wa-lau kāna walad aḥadihim | Die gottesfürchtigen Gläubigen stehen gegen denjenigen, der unter ihnen eine übermäßige Summe Blutgeld fordert oder eine Gabe begehrt, die Unrecht, Sünde, Übertretung oder Böses unter den Gläubigen zur Folge hat. Sie stehen mit vereinten Kräften insgesamt gegen ihn, selbst wenn er der Sohn eines von ihnen ist. |
| § 15 | Art. 6 | wa-lā yaqtulu muʾmin muʾminan fī kāfir wa-lā yanṣuru kāfiran ʿalā muʾmin | Kein Gläubiger wird einen anderen Gläubigen als Vergeltung für einen Ungläubigen töten und er wird auch keinem Ungläubigen gegen einen Gläubigen beistehen. |
| § 16 | Art. 7 | wa-inna ḏimmata Llāh wāḥida yuǧīru ʿalaihim adnāhum | Der Schutz Gottes ist ein einziger, so dass auch der Geringste von ihnen ihnen gegenüber ein Schutzrecht hat. |
| § 17 | Art. 8a | wa-inna l-muʾminīna baʿḍuhum mawālī baʿḍ dūna n-nās | Die Gläubigen sind sich gegenseitig zu Loyalität verpflichtet unter Ausschluss der anderen Menschen. |
| § 18 | Art. 8b | wa-innahu man tabiʿanā min Yahūd fa-inna lahu n-naṣr wa-l-uswa, ġair maẓlūmīna wa-lā mutanāṣar ʿalaihim | Die Juden, die sich uns anschließen, bekommen Hilfe und gleiche Rechte; ihnen wird kein Unrecht getan, und ihre Feinde werden nicht unterstützt. |
| § 19 | Art. 9a | wa-inna silma l-muʾminīna wāḥida lā yusālimu muʾmin dūna muʾmin fī qitāl fī sabīli Llāh illā ʿalā sawāʾ wa-ʿadl bainahum | Der Friede der Gläubigen ist ein einziger und allgemeiner; kein Gläubiger kann für sich, mit Ausschluss eines anderen Gläubigen, Frieden schliessen im Kampfe für die Sache Gottes; sondern die Bedingungen müssen für alle gleich sein. |
| § 20 | Art. 9b | wa-inna kull ġāziya ġazat maʿanā yaʿqubu baʿḍuhā baʿḍan | Jede Raubzugsgruppe, die mit uns an Raubzügen teilnimmt, wird sich mit den anderen Gruppen abwechseln. |
| § 21 | Art 9c | wa-inna l-muʾminīna yubīʾu baʿḍuhum ʿan baʿḍ bi-mā nāla dimāʾahum fī sabīli Llāh | Die Gläubigen üben füreinander Vergeltung hinsichtlich des für die Sache Gottes vergossenen Blutes. |
| § 22 | Art. 10 | wa-inna l-muʾminīna l-muttaqīna ʿalā aḥsan hāḏā wa-aqwamihi | Die gottesfürchtigen Gläubigen garantieren die beste und aufrichtigste Erfüllung dieses [Vertrags]. |
| § 23 | Art. 11 | wa-innahu lā yuǧīru mušrik mālan li-Quraiš wa-lā nafsan wa-lā yaḥūlu dūnahu ʿalā muʾmin | Ein Beigeseller darf weder die Habe noch die Person eines Quraischiten in Schutz nehmen und nicht seinetwegen einem Gläubigen entgegentreten. |
| § 24 | Art. 12a-b | wa-innahu man iʿtabaṭa muʾminan qatlan ʿan baiyina fa-innahu qawadun bihī illā an yarḍā walīyu l-maqtūl wa-inna l-muʾminīna ʿalayhi kāffatan wa-lā yaḥillu lahum illā qiyām ʿalaihi | Wenn jemand einen Gläubigen erwiesenermaßen aufs Geratewohl getötet hat, so findet Talio statt, es sei denn, dass sich derjenige, der dem Getöteten nahesteht, (sc. mit Diya) zufrieden gibt. Alle Gläubigen sind dann gegen ihn vereint, und es ist ihnen nicht erlaubt, nicht gegen ihn vorzugehen. |
| § 25 | Art. 12c | wa-innahu lā yaḥillu li-muʾmin aqarra bi-mā fī hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa wa-āmana bi-Llāh wa-l-yaumi l-āḫir an yanṣura muḥdiṯan wa-lā yuʾwiyahu wa-innahu man naṣarahu au āwāhu fa-inna ʿalayhi laʿnata Llāhi wa-ġaḍabahu yauma l-qiyāma wa-lā yuʾḫaḏu minhu ṣarf wa-lā ʿadl | Keinem Gläubigen, der den Inhalt dieser Schrift anerkennt und an Gott und den jüngsten Tag glaubt, ist es erlaubt, einem Übeltäter beizustehen oder Zuflucht zu gewähren; sonst trifft ihn der Fluch Gottes und sein Zorn am Tage der Auferstehung, und weder Reue noch Lösegeld werden von ihm angenommen. |
| § 26 | Art. 13 | wa-innakum mahmā ḫtalaftum fīhi min šaiʾ fa-inna maraddahu ilā Llāh wa-ilā Muḥammad | Alles, worüber ihr unterschiedlicher Meinung seid, muss vor Gott und Mohammed gebracht werden. |
| Teil II: Der Pakt mit den Juden von Medina | |||
| § 27 | Art. 14 | wa-inna l-Yahūd yunfiqūna maʿa l-muʾminīna mā dāmū muḥāribīna | Die Juden teilen sich die Ausgaben mit den Gläubigen, solange sie sich im Krieg befinden. |
| § 28 | Art. 15a | wa-inna Yahūd Banī ʿAuf umma maʿa l-muʾminīna, li-l-Yahūd dīnuhum wa-li-l-muslimīna dīnuhum, mawālīhim wa-anfusihim, illā man ẓalama wa-aṯima fa-innahu lā yūtiġu illā nafsahu wa-ahl baitihi | Die Juden der Banū ʿAuf bilden eine Umma mit den Gläubigen. Die Juden haben ihre Religion und die Muslime haben ihre. [Dies gilt für] ihre Verbündeten und sie selbst. Ausgenommen ist nur, wer ungerecht handelt und sündigt. Er wird nur sich selbst und seine Angehörigen ins Verderben stürzen. |
| § 29–34 | Art. 15b-c | wa-inna li-Yahūd Banī n-Naǧǧār miṯl mā Yahūd Banī ʿAuf… wa-inna li-Yahūd Banī l-Ḥāriṯ… wa-inna li-Yahūd Banī Sāʿida… wa-inna li-Yahūd Banī Ǧušām… wa-inna li-Yahūd Banī l-Aus… wa-inna li-Yahūd Banī Ṯaʿlaba… illā man ẓalama wa-aṯima fa-innahu lā yūtiġu illā nafsahu wa-ahl baitihi | Und für die Juden der Banū n-Naddschār gilt dasselbe wie für die Juden der Banū ʿAuf… und für die Juden der Banū l-Hārith… und für die Juden der Banū Sāʿida… und für die Juden der Banū Dschuschām… und für die Juden der Banū l-Aus… und für die Juden der Banū Thaʿlaba… Ausgenommen ist nur, wer ungerecht handelt und sündigt. Er wird nur sich selbst und seine Angehörigen ins Verderben stürzen. |
| § 35 | Art. 15c | wa-inna Ǧafna baṭn min Ṯaʿlaba ka-anfusihim | Die Dschafna sind eine Stammesgruppe der Thaʿlaba und stehen ihnen gleich. |
| § 36 | Art 15c | wa-inna li-Banī š-Šuṭaiba miṯl mā li-Yahūd Banī ʿAuf | Für die Banū sch-Schutaiba gilt dasselbe wie für die Juden der Banū ʿAuf |
| § 37 | Art. 15d | wa-inna l-barr dūna l-āṯim | Der Gerechte wird den Sünder im Zaum halten. |
| § 38 | Art. 16a | wa-inna mawāliya Ṯaʿlaba ka-anfusihim | Die Mawālī der Thaʿlaba stehen ihnen selbst gleich. |
| § 39 | Art. 16b | wa-inna biṭānat Yahūd ka-anfusihim | Die nomadischen Verbündeten der Juden stehen ihnen selbst gleich. |
| § 40 | Art. 16c | wa-innahu lā yaḫruǧu minhum aḥad illā bi-iḏn Muḥammad | Es darf keiner von ihnen zu Felde ziehen ohne Erlaubnis Mohammeds. |
| § 41 | Art. 17a | wa-innahu lā yunḥaǧazu ʿalā ṯaʾr ǧurḥ | Es wird aber niemand daran gehindert, eine Wunde zu rächen, |
| § 42 | Art. 17b | wa-innahu man fataka fa-bi-nafsihi wa-ahl baitihi, illā man ẓulima | doch wer mutwillig den Frieden bricht, tut es auf Kosten seiner Person und seiner Familie; es sei denn, ihm wurde Unrecht getan. |
| § 43 | Art. 18 | wa-inna Llāha ʿalā abarr hāḏā | Gott garantiert die gerechteste Erfüllung dieses [Vertrags]. |
| § 44 | Art. 19a | wa-inna ʿalā l-Yahūd nafaqatahum wa-ʿalā l-muslimīna nafaqatahum | Den Juden obliegen ihre Ausgaben und den Muslimen ihre. |
| § 45 | Art. 19b | wa-inna bainahumu n-naṣr ʿalā man ḥāraba ahl hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa | Sie werden einander beistehen gegen jeden, der die Leute dieses Vertrags bekriegt, |
| § 46 | Art. 19c | wa-inna bainahumu n-nuṣḥ wa-n-naṣīḥa | und es besteht zwischen ihnen aufrichtige Beratung und Ermahnung. |
| § 47 | Art. 19d | wa-inna l-barr dūna l-āṯim | Der Gerechte wird den Sünder im Zaum halten. |
| § 48 | Art. 20 | wa-innahu lan yaʾṯama mruʾun bi-ḥalīfihi wa-inna n-naṣr li-l-maẓlūm | Keiner wird seinen Eidgenossen treulos zu behandeln, und dem, dem Unrecht getan wurde, steht Hilfe zu. |
| § 49 | Art. 21 | wa-inna Yaṯrib ḥarām ǧaufuhā li-ahl hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa | Das Tal von Yathrib ist für die Leute dieses Vertrags ein Haram. |
| § 50 | Art. 22a | wa-inna l-ǧār ka-n-nafs ġair muḍārr wa-lā āṯim | Der geschützte Nachbar ist gleichberechtigt, solange er keinen Schaden anrichtet oder sündhaft handelt. |
| § 51 | Art. 22b | wa-innahu lā tuǧāru ḥurma illā bi-iḏn ahlihā | Schutz wird nicht ohne die Erlaubnis der Vertragsparteien gewährt. |
| § 52 | Art. 23 | wa-innahu mā kāna baina ahl hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa min ḥadaṯ au ištiǧār yuḫāfu fasāduhu, fa-inna maraddahu ilā Llāh wa-ilā Muḥammad | Wenn zwischen den Leuten dieses Vertrages etwas vorkommt oder ein Zank entsteht, woraus Unheil zu befürchten ist, so soll die Sache vor Gott und Mohammed gebracht werden. |
| Teil III: Ergänzung zum Pakt mit den Juden über die Verteidigung der Stadt | |||
| § 53 | Art. 24 | wa-inna Llāh ʿalā atqā mā fī hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa wa-abarrihi | Gott wacht über die frommste und billigste Ausführung dieses Vertrags. |
| § 54 | Art. 25a | wa-innahu lā tuǧāru Quraiš wa-lā man naṣarahā | Den Quraisch und denen, die sie unterstützen, wird kein Schutz gewährt. |
| § 55 | Art. 25b | wa-inna bainahumu n-naṣr ʿalā man dahama Yaṯrib | Sie [sc. die Leute des Vertrages] verpflichten sich, einander beizustehen gegen jeden, der Yathrib angreift. |
| § 56 | Art. 26 | wa-iḏa duʿū ilā ṣulḥ yuṣāliḥūnahu wa-yalbasūnahu, fa-innahum yuṣāliḥūnahu wa-yalbasūunahu; wa-innahum iḏā daʿau ilā miṯli ḏālika fa-innahu lahum ʿalā l-muʾminīna, illā man ḥāraba fī d-dīn; ʿalā kull unās ḥiṣṣatuhum min ǧanibihimu lladhī qibalahum | Wenn sie (sc. die Juden von den Gläubigen) zu Frieden aufgefordert werden, dass sie ihn schliessen und annehmen sollen, so sollen sie es tun; und wenn sie die Gläubigen zu Ähnlichem auffordern, so haben diese ihnen gegenüber die gleiche Pflicht, ausgenommen den Krieg wegen der Religion. Jeder hat sein Teil, das ihm zunächst obliegt. |
| § 57 | Art. 27 | wa-inna Yahūda l-Aus mawāliyahum wa-anfusahum ʿalā miṯl mā li-ahl hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa maʿa al-barr al-muḥsin min ahl hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa | Die Juden der Aus, ihre Mawālī und sie selbst, haben denselben Status wie die Leute dieses Vertrages, bei reinster Lauterkeit von den Leuten dieses Vertrages. |
| § 58 | Art. 28 | wa-l-barr dūna l-āṯim | Der Gerechte wird den Sünder im Zaum halten. |
| § 59 | Art. 28 | lā yaksibu kāsib illā ʿalā nafsihi | Wer sündigt, sündigt nur gegen sich selbst. |
| § 60 | Art. 28 | wa-inna Llāh ʿalā aṣdaq mā fī hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa wa-abarrihi | Gott garantiert die treueste und gerechteste Erfüllung dieses Vertrags. |
| § 61 | Art. 29a | wa-innahu lā yaḥūlu hāḏā l-kitāb dūna ẓālim wa-āṯim | Dieser Vertrag schützt keinen, der Unrecht begeht oder sündigt. |
| § 62 | Art. 29b | wa-innahu man ḫaraǧa āmin wa-man qaʿada āmin, illā man ẓalama wa-aṯima | Wer zu Felde zieht, geniesst Sicherheit, und wer zu Haus bleibt, geniesst Sicherheit, ausgenommen ist nur, wer Unrecht tut oder sündigt. |
| § 63 | Art. 30 | wa-inna Llāh ǧār li-man barra wa-ttaqā wa-Muḥammad rasūlu Llāh | Gott ist der Schutzherr dessen, der redlich und fromm ist. Und so ist es auch Mohammed, der Gesandte Gottes. |
| § 64 | Art 30 | wa-inna aulāhum bi-hāḏihi ṣ-ṣaḥīfa al-barru l-muḥsin | Derjenige, der am meisten Anspruch auf (sc. Zusagen) diesen Vertrag hat, ist der Gerechte und Aufrichtige. |
Überlieferung
Die Frage, wer nach dem Tode des Propheten die Urkunde mit der Gemeindeordnung erhalten hatte, war unter Schiiten und Sunniten umstritten. Während erstere annahmen, dass er sie ʿAlī ibn Abī Tālib anvertraut hatte, wurde in sunnitischen Texten überliefert, dass ʿUmar ibn al-Chattāb der Empfänger war.
Literatur
- Saïd Amir Arjomand: The constitution of Medina. A sociolegal interpretation of Muhammad’s acts of foundation of the umma. in: International Journal of Middle East Studies 41/4 (2009) 555–575. Online
- Serdar Demirel: The Prophet Muhammad’s Models of Coexistence and the Constitution of Medina. In: The Journal of Rotterdam Islamic and Social Sciences. Band 4, Heft 1 (2014), S. 1–10, doi:10.2478/jriss-2014-0001
- Frederick Mathewson Denny: Umma in the Constitution of Medina in: Journal of Near Eastern Studies 36 (1977) 39–47. JSTOR
- Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie. (2005/2007) Aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56858-9, S. 225–229.
- Michael Lecker: The ‘Constitution of Medina’. Muḥammad’s First Legal Document. (= Studies in Late Antiquity and Early Islam 23). Darwin Press, Princeton NJ 2004. Digitalisat
- Michael Lecker: Constitution of Medina. In: The Encyclopaedia of IslamTHREE. Brill, Leiden 2017. Digitalisat
- Uri Rubin: The 'Constitution of Medina' Some Notes, in: Studia Islamica 62 (1985), 5-23. doi:10.2307/1595521
- Günter Schaller: Die ‚Gemeindeordnung von Medina‘ – Darstellung eines politischen Instrumentes. Ein Beitrag zur gegenwärtigen Fundamentalismus-Diskussion im Islam. Augsburg, Univ., Diss. 1985. Digitalisat
- Richard B. Serjeant: The Sunna Jāmiʿah, Pacts with the Yathrib Jews, and the Taḥrīm of Yathrib. Analysis and Translation of the Documents Comprised in the So-Called ‘Constitution of Medina’ in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 41 (1978) 1–42. doi:10.1017/S0041977X00057761
- Harald Suermann: Die Konstitution von Medina. Erinnerung an ein anderes Modell des Zusammenlebens. in: Collectanea Christiana Orientalia 2 (2005) 225-244. doi:10.21071/cco.v2i.693
- W. Montgomery Watt: Muhammad at Medina. Clarendon Press, Oxford 1956. S. 221–228.
- Julius Wellhausen: Mohammeds Gemeindeordnung von Medina. Skizzen und Vorarbeiten. Bd. IV. Reimer, Berlin, 1889. S. 65–83. archive.org
wikipedia, wiki, enzyklopädie, buch, bibliothek, artikel, lesen, kostenlos herunterladen, Informationen über Gemeindeordnung von Medina, Was ist Gemeindeordnung von Medina? Was bedeutet Gemeindeordnung von Medina?