Georges de La Tour (* 1593 in Vic-sur-Seille, Lothringen; † 30. Januar 1652 in Lunéville) war ein lothringischer Maler, er wird der frühen französischen Kunst der Barockzeit zugerechnet.
Leben
La Tour war Sohn des Bäckermeisters Jean de La Tour und seiner Frau Sybille Mélian als das zweite von sieben Geschwistern. Über seine Jugend und Lehrzeit ist nichts bekannt; es ist nicht überliefert, wie er zur Malerei kam. 1618 heiratete er Diane Le Nerf, die Tochter eines reichen Finanzverwalters des Herzogs von Lothringen. Ein großer Teil seines Werdegangs spielte sich in diesem katholischen, damals noch von der Krone Frankreichs unabhängigen Herzogtum ab, vermutlich auch im Umkreis des dortigen Hofes. Nicht unwichtig für die Bedeutung der von ihm und seinen Auftraggebern bevorzugten Bildthemen ist die in Luneville von verschiedenen Orden geförderte religiöse Erneuerungsbewegung.
In einer Urkunde von 1639 wird er als offizieller Maler Ludwigs XIII. („peintre ordinaire du Roy“) erwähnt. Bereits 1644 wurde er als „peintre fameux“ bezeichnet.
Es gibt über den Maler nur ganz wenige historische Quellen: So beschwerten sich im Jahr 1646 Bürger von Lunéville beim Herzog über La Tour, weil er „sich beim Volk verhasst macht durch die große Zahl von Hunden, die er sich hält, als wäre er der Herr des Ortes“ und „der die Hasen ins Korn treibt, es verdirbt und zertrampelt“. Wegen Schlägereien wurde er mehrfach angezeigt. Einer seiner Söhne wurde 1670 in den Adelsstand erhoben. Es gibt kein Bildnis des Malers; ob er sich wirklich in der Figur des Falschspielers im Gemälde Der Falschspieler mit dem Karo-As selbst porträtiert hat, ist reine Hypothese.
Seit den 1920er-Jahren hat man La Tours Werken wieder verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet. Dem Kunsthistoriker Herrmann Voss ist maßgeblich die Wiederentdeckung de la Tours zuzuschreiben.
Stil und Motivwelt
Schon seine frühen Gemälde stellen (hier noch vor hellem Hintergrund) Personen aus einer Welt der Armut dar. Diese profanen Themen bleiben auch im späteren Werk bestimmend: alte Bauern, Bettler, blinde Musikanten, eine Flöhe suchende Frau. Ein anderer Themenkreis widmet sich Gaunereien wie zum Beispiel dem Falschspielen mit Karten (siehe Der Falschspieler mit dem Karo-Ass) oder der betrügerischen Wahrsagerei (siehe Die Wahrsagerin). Immer sind die Figuren aus großer Nähe gesehen, ohne ihre Würde durch banales Beiwerk oder sentimentale Verfälschung zu beeinträchtigen.
Schon bald lassen seine Werke einen sehr individuellen Stil erkennen, in dem Form und Inhalt sich auf das Notwendigste beschränken. Seine Vorliebe für nächtliche Situationen, in denen wenige Personen von Fackeln oder durch den Schein einer verdeckten Kerze beleuchtet werden, wird oft mit Caravaggio in Verbindung gebracht. Ob diese Stilmittel, die in der Fachsprache als als Chiaroscuro (|Hell-Dunkel-Malerei), im Falle von La Tour genauer noch als Tenebrismus bezeichnet werden, allerdings direkt von jenem italienischen Maler herrühren oder durch niederländische „ Caravaggisten“ vermittelt wurden, kann nur schwer entschieden werden, da so wenig über seine Lebensstationen bekannt ist und sein Gesamtwerk nur aus rund 40 Gemälden besteht. Man nimmt aber an, dass La Tour sich um 1615 in Rom aufgehalten hatte, wo er Hendrick ter Brugghen oder Gerrit van Honthorst und deren tenebrosen Stil kennen lernen konnte.
Mit Caravaggio hatte La Tour zwar charakterliche Eigenheiten gemein, wie seinen Hang zu Schlägereien, doch keinesfalls die Dramatik seiner Bilderfindungen. Im Gegenteil. Mit kaum einem Oeuvre anderer Künstler-Zeitgenossen ist der verinnerlichte Ausdruck seiner Gestalten und die reduzierte Art seiner Inszenierungen zu vergleichen. Konzentration auf wenige Motive, Stille und Ruhe, Sparsamkeit der bildlichen Mittel, Rätselhaftigkeit trotz allem Realismus sind Ausdrucksmittel, um die innere Verfasstheit seiner bevorzugten Heiligen, so den schuldbewussten Petrus, den ins Elend gestürzten, von seiner Frau verspotteten Hiob, den büßenden Hieronimus oder die in ihr Reuegefühl versunkene Magdalena auszudrücken.
Auffällig viele seiner Gemälde sind nur als zeitgenössische Kopien, teils aus seiner eigenen Werkstatt überliefert. Das spricht für eine erfolgreiche Bilderproduktion aber auch von hoher Verlustrate. Sicher zugeschriebene Grafiken sind nicht bekannt.
Werke
- Der Falschspieler mit dem Karo-Ass, Paris, Louvre
- Der Falschspieler mit dem Kreuz-Ass (ca. 1630–34), Fort Worth, Kimbell Art Museum
- Die Wahrsagerin, New York, Metropolitan Museum of Art
- Hiob und seine Frau, Épinal, Musée départemental d’Art ancien et contemporain
- Alter Mann, San Francisco, Legion of Honor
- Alte Frau, San Francisco, Legion of Honor
- Der heilige Petrus
- Der heilige Judas Thaddäus, Albi, Musée Toulouse-Lautrec
- Der heilige Jakobus, Albi, Musée Toulouse-Lautrec
- Schlägerei zw. Bettelmusikanten, Los Angeles, J. Paul Getty Museum
- Drehleierspieler, Nantes, Musée des Beaux-Arts
- Der büßende heilige Hieronymus mit Kardinalshut, Stockholm, Schwedisches Nationalmuseum
- Der heilige Hieronymus mit Heiligenschein, Grenoble, Musée des Beaux-Arts
- Büßende Magdalena, Paris, Louvre
- Magdalena mit der Öllampe, Paris, Louvre
- Joseph als Zimmermann, Paris, Louvre
- Der Engel erscheint dem Heiligen Joseph im Traum, Nantes, Musée des Beaux-Arts.
- Flöhesuchende Frau, Nancy, Musée Historique Lorrain
- Geburt Christi / Das Neugeborene, Rennes, Musée des Beaux-Arts
- Petrus verleugnet Christus, Nantes, Musée des Beaux-Arts
- Die Reue des hl. Petrus, Cleveland, Cleveland Museum of Art
- Erbsen essendes Bauernpaar, Berlin, Gemäldegalerie der Staatlichen Museen Berlin
- „La fillette au braisier“ (Mädchen, in ein Kohlebecken blasend), privat, verkauft für 3,6 Mio. €. Damit ist das „Mädchen, in ein Kohlebecken blasend“ teuerster Altmeister in einer deutschen Auktion jemals (höchster Zuschlag hierzulande bleibt mit 4,7 Millionen Euro Beckmanns „Ägypterin“, 2018 bei Grisebach in Berlin). Hier das Bild. Der Louvre Abu Dhabi hat dieses Bild eines Alten Meisters erworben.
- Kopie von Die Auffindung des Heiligen Sebastian, Berlin, Gemäldegalerie der Staatlichen Museen Berlin
Museen und Galerien
- Kanada
- Art Gallery of Ontario, Musée des Beaux-Arts de l'Ontario, Toronto, Ontario
- Frankreich
- Musée des Beaux-Arts (Dijon)
- Musée des Beaux-Arts de Nancy besitzt die größte Sammlung
- Musée des Beaux-Arts de Rennes
- Musée de Bergues
- Musée départemental d'Art ancien et contemporain, Épinal
- Musée Georges de La Tour, Vic-sur-Seille
- Musée de Grenoble
- Musée du Louvre, Paris
- Musée Toulouse-Lautrec, Albi
- Deutschland
- Gemäldegalerie, Berlin
- Japan
- Nationalmuseum für westliche Kunst, (国立西洋美術館), Tokyo
- Tokyo Fuji Art Museum, Tokyo
- Spanien
- Museo del Prado, Madrid
- Schweden
- Schwedisches Nationalmuseum, Stockholm
- Großbritannien
- Preston Hall Museum in Stockton-on-Tees, England, hat The Dice Players.
- Leicester Museum & Art Gallery besitzt 'The Choirboy'
- Ukraine
- Nationalmuseum in Lemberg (Національний музей у Львові)
- USA
- Cleveland Museum of Art, Cleveland, Ohio
- Chrysler Museum of Art, Norfolk, Virginia
- Seattle Art Museum, Seattle, Washington
- De Young Museum, San Francisco
- Frick Collection, New York
- Getty Center, Los Angeles, California
- Kimbell Art Museum, Fort Worth, Texas
- Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles, California
- Metropolitan Museum of Art, New York
- National Gallery of Art, Washington, D.C.
Rezeption
Für die Gestaltung des Szenenbilds seines Horrorfilms Nosferatu – Phantom der Nacht von 1979 studierte Regisseur Werner Herzog die Gemälde des Malers Georges de la Tour, um Inspiration zu gewinnen für die Inszenierung von dunklen Räumen, die lediglich von brennenden Kerzen schummrig beleuchtet werden.
Bibliographie
- Hermann Voss: Tableaux à éclairage diurne de G. de La Tour. In: Formes. Paris, Juni 1931, S. 98–99. (Éditions des Quatre Chemins. no XVI; lire en ligne [archive])
- Pierre Rosenberg, François Macé de l'Épinay: Georges de La Tour : Vie et œuvre. Office du livre, Fribourg 1973, OCLC 473835110, S. 126–127. (« Catalogue raisonné, no 29 »)
- Jacques Thuillier: Tout l'œuvre peint de Georges de La Tour. (= Les Classiques de l'Art). Flammarion, Paris 1973/1985, ISBN 2-08-010258-3, S. 91. (« Catalogue des œuvres, no 30 »)
- Pierre Rosenberg, Marina Mojana: Georges de La Tour : catalogue complet des peintures. (= Fleurons de l'Art). Bordas, Paris 1992, ISBN 2-04-019598-X.
- Jean-Pierre Cuzin, Pierre Rosenberg (préf. Jacques Thuillier): Georges de La Tour. (= Ausstellungskatalog: Galeries nationales du Grand Palais, Paris, 3 octobre 1997-26 janvier 1998). Réunion des Musées nationaux, Paris 1997, ISBN 2-7118-3592-8.
- Jean-Pierre Cuzin, Dimitri Salmon: Georges de La Tour : Histoire d'une redécouverte. (= Découvertes Gallimard. 329). Gallimard, Paris 1997, ISBN 2-07-030053-6.
- Jacques Thuillier: Georges de La Tour. (= Les Grandes monographies). Flammarion, Paris 2012, ISBN 978-2-08-128608-5.
- Emanuele Castellani, Antonio Fazzini, Chiara Lachi, Daniela Parenti: Georges de La Tour : Le Tricheur à l'as de carreau. (= Le Musée du Monde. 16). Le Monde, Paris 2014, ISBN 978-2-36156-146-8.
- Ausstellungskatalog Georges de la Tour - Entre ombre et lumiére, Musée Jacquemart-André, Paris 2025.
Literatur
- Ingeborg Dorchenas: Georges de La Tour. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 1221–1226.
Dokumentation
- Georges de La Tour – Menschen in Licht und Schatten. Regie: Juliette Garcias, ARTE F, Frankreich, 53 Minuten, 2025.
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