Gynaikonitis (altgriechisch γυναικωνῖτις), auch Gynaikeion (γυναικεῖον), latinisiert Gynaeceum oder Gynoeceum bezeichnet im griechischen Wohnhaus der Antike den Frauentrakt, der meist – nach außen eher abgeschlossen – im Obergeschoss lag.
Antike
In der Gynaikonitis befanden sich die Gerätschaften für die wirtschaftliche Produktion der Frauen (Webstuhl, Handspindeln u. a.)
Mit diesen Produktionshilfen wurden im Oikos benötigte Textilien hergestellt. Darunter zählen Kleidung, aber auch Teppiche, Kissen, Decken und Tücher. Bei geringeren Einkommen des Mannes wurden diese Produkte als Eigenproduktion auf Märkten verkauft und halfen somit der Familie.
Doch neben der Haupttätigkeit, der Produktion, galt dieser Ort auch als Besuchsraum für die Gäste der Frau. Dadurch, dass jener Raum nicht als öffentlicher Bereich galt, waren dies hierbei ausschließlich andere Mädchen und Frauen. Gemeinsam webten sie oder tauschten sich aus, da die Frauen, gerade in reicheren Haushalten nur selten das Wohnhaus verließen. Einzelne Szenen, wie das gemeinsame Weben und Konturen der Räume, sind in Vasenmalereien dargestellt.
Bei Forschungen zur Lage des Gynaikeions ließ sich feststellen, dass es oftmals an der Quelle des natürlichen Lichtes gelegen hat und somit – wenn auch kleine – Fenster besaß. Des Weiteren war der Raum zur leichteren Reinigung mit Pflaster ausgestattet.
Dem Frauentrakt entspricht der Andron, der den Männern vorbehaltene Bereich.
Im Gegensatz zu diesem waren im Gynaikeion kaum Ausstattungs- und Repräsentationsgegenstände vorhanden.
Kritik
Die oben beschriebenen Grundzüge wie typische Lage und Nutzung des Raums sind nicht allgemeingültig, sondern es gibt immer wieder Abweichungen: Die Lage des Gynaikeions und des Androns kann variieren. Es ist nicht gesichert, ob es in jedem Haus ein Gynaikeion gab oder ob dies nur ein Raum in Häusern der oberen Gesellschaftsklassen war, denn gerade in kleineren Häusern konnte bislang noch kein sicher den Frauen zugeordneter Raum nachgewiesen werden. Bei konkreten Grabungsbefunden ist immer eine differenzierte Betrachtung erforderlich.
Gynaikonitis im byzantinischen Kirchenbau
Gynaikonitis bezeichnet auch in den Kirchen des byzantinischen Ritus die den Frauen vorbehaltenen Galerien zu beiden Seiten des Mittelschiffes, wie sie beispielsweise in der Hagia Sophia vorhanden sind. Die Verbindung der zuvor neutraler als Hyperoa („Obergeschosse“) bezeichneten Galerien mit Geschlechtertrennung ist ab dem 6. Jahrhundert belegt.
Literatur
- Christoph Höcker: Gynaikonitis. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 5, Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01475-4, Sp. 36.
- Sue Blundell: Women in Ancient Greece. Harvard University Press, Cambridge 1995.
- Sue Blundell: Women in Classical Athens. Classical World Series. Bristol Classical Press, London 1998, ISBN 1-85399-543-6.
- Lisa Nevett: House and society in the ancient Greek world, Cambridge University Press, Cambridge 1999.
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