Kreis Braunsberg

Wappen Lage in Ostpreußen
Basisdaten
Bestandszeitraum 1818–1945
Land: Preußen
Provinz Ostpreußen
Regierungsbezirk Königsberg
Verwaltungssitz Braunsberg
Fläche 946,86 km²
Einwohner 62.317 (17. Mai 1939)
Bevölkerungsdichte 66 Einwohner je km²
Kfz-Kennzeichen IC
1953 vorgesehen: BBG
Kreisgliederung 96 Gemeinden
1 Gutsbezirk
in 20 Amtsbezirken

Der Kreis Braunsberg war ein Landkreis im früheren Ostpreußen, der zwischen 1818 und 1945 bestand. Bereits von 1773 bis 1818 bestand im Ermland ein Kreis Braunsberg, der allerdings ein deutlich größeres Gebiet umfasste.

Geographie

Der Kreis Braunsberg umfasste das nördliche Ermland und grenzte im Nordwesten an das Frische Haff. Der Fluss Passarge, der innerhalb des Kreisgebietes in das Frische Haff mündet, bildete die südwestliche Kreisgrenze zum Kreis Preußisch Holland.

Geschichte

Das Gebiet des Kreises Braunsberg gehörte historisch zum Fürstbistum Ermland, das 1772 im Rahmen der ersten polnischen Teilung an den preußischen Staat fiel. Im Königreich Preußen wurde 1773 das Gebiet des Ermlands zunächst in die beiden landrätlichen Kreise Braunsberg und Heilsberg eingeteilt, die beide der Kriegs- und Domänenkammer Königsberg zugeordnet wurden. Der damalige Kreis Braunsberg hatte eine Fläche von ca. 1540 km² und umfasste die alten ermländischen Ämter Braunsberg, Frauenburg, Guttstadt, Mehlsack sowie Wormditt.

Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da die 1752 bzw. 1773 eingerichteten Kreise sich als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Im Ermland wurde aus dem nordwestlichen Teil des alten Kreises Braunsberg mit Wirkung vom 1. Februar 1818 ein neuer Kreis Braunsberg gebildet. Er umfasste zunächst die katholischen Kirchspiele Bludau, Braunsberg, Frauenburg, Frauendorf, Groß Rautenberg, Heinrikau, Langwalde, Layß, Lichtenau, Mehlsack, Migehnen, Peterswalde bei Mehlsack, Plaßwich, Plauten, Schalmey, Tolksdorf und Wusen. Das Landratsamt war in Braunsberg ansässig. Am 1. April 1819 wurden die Kreisgrenzen noch einmal verändert. Das Kirchspiel Frauendorf aus dem Kreis Braunsberg kam zum Kreis Heilsberg und das Kirchspiel Wormditt wechselte aus dem Kreis Heilsberg in den Kreis Braunsberg.

Der Kreis Braunsberg wurde dem Regierungsbezirk Königsberg zugeordnet, der 1808 aus der alten Kriegs- und Domänenkammer Königsberg hervorgegangen war.

Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen und Westpreußen – zur Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr. Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Nach der Teilung der Provinz Preußen in die Provinzen Ostpreußen und Westpreußen wurde der Kreis Braunsberg am 1. April 1878 Bestandteil Ostpreußens.

Zum 30. September 1928 fand im Kreis Braunsberg wie im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle Gutsbezirke bis auf den unbewohnten Gutsbezirk Frisches Haff aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

Im März 1945 eroberte die Rote Armee das Kreisgebiet und unterstellte es bis Mai 1945 der Verwaltung der Volksrepublik Polen, die die Kreisgrenzen zunächst beibehielt. Für den Kreis wurde die polnische Bezeichnung Braniewo eingeführt. Die Einwohner des Kreisgebiets waren zu etwa 80 % geflohen oder in die Sowjetunion als Arbeitskräfte abtransportiert worden. Der Rest wurde nach Kriegsende einer „Verifizierung“ unterzogen, mit dem Ergebnis, ab Februar 1946 bis 1948 nahezu vollständig vertrieben zu werden.

Der heutige Powiat Braniewski (Braunsberger Kreis) mit der Kreisstadt Braniewo ist nicht vollständig identisch mit dem ehemaligen Kreis Braunsberg, da Wormditt (Orneta) und seine Umgebung in den Powiat Lidzbarski (Heilsberger Kreis) ausgegliedert wurden, während der südliche Teil des ehemaligen Kreises Heiligenbeil eingegliedert wurde.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
1800 49.077
1818 24.173
1846 43.674
1871 52.456
1890 52.209
1900 53.978
1910 54.613
1925 54.493
1933 56.493
1939 60.051

Politik

Landräte

  • 1772–179700Wilhelm Sigismund von Tettau
  • 1797–000000Johann von Lingk (mind. bis 1812)
  • 1817–184000Ferdinand von Schau (1768–1840)
  • 1840–185400Dietrich Christoph von Groß gen. von Schwarzhoff (1810–1896)
  • 1855–184400Achatius von Auerswald (1818–1883)
  • 1865–186900Theodor Dillenburger (1838–1881)
  • 1869–187800Wilhelm Eduard August Kleemann
  • 1878–189200Albrecht Oberg
  • 1892–190000Friedrich Karl Gramsch (1860–1923)
  • 1900–190500Carl zu Dohna-Schlobitten (1857–1942)
  • 1905–190500Walter Jung
  • 1910–192000Heinrich von Bieler
  • 1920–193300Karl Stankewitz (1875–1967)
  • 1933–194100Bernhard Nienaber (* 1885)
  • 1942–194300Wolfgang Born (* 1903)
  • 1943–000000Haeszner (vertretungsweise)
  • 19440000000Kolhoff

Wahlen

Im Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Braunsberg zusammen mit dem Kreis Heilsberg den Reichstagswahlkreis Königsberg 6. Dieser stark katholisch geprägte Wahlkreis wurde bei allen Reichstagswahlen zwischen 1871 und 1912 von Kandidaten der Deutschen Zentrumspartei bzw. katholisch-klerikalen Kandidaten gewonnen. In der Weimarer Republik gewann die Zentrumspartei bei den Wahlen bis 1933 die absolute Mehrheit der Stimmen.

Kommunalverfassung

Der Kreis Braunsberg gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren fast vollständigem Wegfall im Jahre 1928 – in Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 die im Deutschen Reich gültige Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Diese waren in Amtsbezirken zusammengefasst. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Städte und Gemeinden

Verwaltungsgliederung 1945

Der Kreis Braunsberg setzte sich am 1. Januar 1945 aus 96 Gemeinden, darunter die Städte Braunsberg (Ostpr.), Frauenburg, Mehlsack und Wormditt sowie dem unbewohnten Gutsbezirk Frisches Haff zusammen:

Amtsbezirke und Gemeinden Bevölkerung (1939)
Stadt Braunsberg (Ostpr.)  
1. Braunsberg (Ostpr.), Stadt 21.142
Stadt Frauenburg  
1. Frauenburg, Stadt 2981
Stadt Mehlsack  
1. Mehlsack, Stadt 4394
Stadt Wormditt  
1. Wormditt, Stadt 7817
Amtsbezirk Basien  
1. Basien 973
2. Stegmannsdorf 209
3. Wusen 831
Amtsbezirk Betkendorf  
1. Betkendorf 217
2. Drewsdorf 93
3. Kreutzdorf 168
4. Schafsberg 102
Amtsbezirk Frisches Haff  
1. Gutsbezirk Frisches Haff 0
Amtsbezirk Heinrikau  
1. Heinrikau 798
2. Kleefeld 250
3. Komainen 161
4. Neuhof 282
Amtsbezirk Karben  
1. Karben 122
2. Open 695
3. Thalbach 390
Amtsbezirk Klenau  
1. Huntenberg 107
2. Klenau 177
3. Neu Passarge 429
4. Stangendorf 162
5. Willenberg 148
Amtsbezirk Langwalde  
1. Gedauten 173
2. Klingenberg 294
3. Langwalde 588
4. Packhausen 318
5. Podlechen 172
6. Rawusen 132
7. Wölken 71
Amtsbezirk Layß  
1. Layß 500
2. Rosengarth 324
3. Sonnwalde 545
Amtsbezirk Lichtenau  
1. Eschenau 193
2. Lichtenau 588
3. Liebenthal 180
4. Lotterbach 209
Amtsbezirk Migehnen  
1. Bürgerwalde 315
2. Kaschaunen 323
3. Migehnen 891
4. Millenberg 292
Amtsbezirk Peterswalde  
1. Engelswalde 205
2. Gauden 75
3. Kirschienen 182
4. Lilienthal 275
5. Peterswalde 399
6. Rosenwalde 116
Amtsbezirk Plaßwich  
1. Gedilgen 128
2. Liebenau 150
3. Pilgramsdorf 124
4. Plaßwich 670
5. Straubendorf 117
Amtsbezirk Plauten  
1. Glanden 88
2. Lotterfeld 222
3. Paulen 227
4. Plauten 310
5. Schönsee 190
6. Seefeld 198
7. Steinbotten 100
8. Woppen 197
Amtsbezirk Rautenberg  
1. Alt Münsterberg 150
2. Bludau 381
3. Groß Rautenberg 490
4. Heinrichsdorf 199
5. Karschau 210
6. Klein Rautenberg 117
7. Kurau 392
8. Vierzighuben 259
Amtsbezirk Schalmey  
1. Grunenberg 97
2. Mertensdorf 212
3. Schalmey 362
4. Schöndamerau 598
5. Schwillgarben 143
Amtsbezirk Schillgehnen  
1. Regitten 435
2. Schillgehnen 330
3. Zagern 156
Amtsbezirk Tiedmannsdorf  
1. Fehlau 71
2. Parlack 149
3. Pettelkau 488
4. Tiedmannsdorf 795
Amtsbezirk Tolksdorf  
1. Blumberg 121
2. Gayl 164
3. Hogendorf 274
4. Schönau 117
5. Tolksdorf 474
Amtsbezirk Tüngen  
1. Krickhausen 285
2. Tüngen 423
3. Wagten 341
Amtsbezirk Woynitt  
1. Agstein 92
2. Bornitt 272
3. Borwalde 71
4. Heistern 235
5. Lichtwalde 149
6. Sonnenfeld 140
7. Sugnienen 256
8. Woynitt 141

Vor 1945 aufgelöste Gemeinden

Am 17. Oktober 1928 wurden mehrere bevölkerungsarme Gemeinden in größere Nachbargemeinden eingegliedert:

  • Bendauken, zu Thalbach
  • Blieshöfen, zu Schöndamerau
  • Bormanshof, zu Plaßwich
  • Freihagen, zu Heistern
  • Groß Maulen, zu Schalmey
  • Groß Tromp, zu Pettelkau
  • Klein Damerau, zu Basien
  • Klein Klaussitten, zu Peterswalde
  • Klein Körpen, zu Gedauten
  • Klein Maulen, zu Schöndamerau
  • Klein Tromp, zu Pettelkau
  • Klopchen, zu Schwillgarben
  • Knobloch, zu Schalmey
  • Lindmannsdorf, zu Sonnwalde
  • Luben, zu Wölken
  • Lunau, zu Schalmey
  • Nallaben, zu Peterswalde
  • Narz, zu Frauenburg
  • Palten, zu Kirschienen
  • Perwilten, zu Layß
  • Peythunen, zu Layß
  • Rahnenfeld, zu Frauenburg
  • Scharfenstein, zu Gedauten
  • Steinkerwalde, zu Lichtenau
  • Stigehnen, zu Klingenberg

Bereits 1894 war die Gemeinde Schloßdamm-Braunsberg in die Stadt Braunsberg eingegliedert worden.

Persönlichkeiten

  • Hartmut Bagger, General und Generalinspekteur der Bundeswehr
  • Rainer Barzel (1924–2006), Politiker (CDU)
  • Ernst Josef Fittkau (1927–2012), Zoologe und Entomologe
  • Stanislaus Hosius Fürstbischof von Ermland
  • Bernhard Poschmann (1878–1955), katholischer Priester und Hochschullehrer
  • Regina Protmann, katholische Heilige
  • Jochen Schmauch (1924–1984), deutscher Pädagoge, Entwicklungshelfer und Sachbuchautor
  • Karl Weierstraß (war in Braunsberg als Lehrer tätig)
  • Anton Fehlau (* 1923 in Pilgramsdorf, † 2019 in Kaufbeuren), Kriegsteilnehmer und Autor

Literatur

  • A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 801–802.
  • Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 39–47.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 104–113.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 19–20, Ziffer 15.
  • Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg: Berlin 1966, Kreis Braunsberg, S. 1–35.
  • Hans Wehner: Landwirtschaftliches Adreßbuch der Domänen, Rittergüter, Güter und Höfe in der Provinz Ostpreußen. [1932]. In: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher. Band III, 5. Auflage, Selbstverlag der Niekammer’s Güter-Adressbüchern GmbH, Leipzig 1932, S. 246–264. Elbinger Stadtbibliothek PDF, In: GenWiki / Hrsg. CompGen Berlin. Reprint: ISBN 978-3-88372-345-7.
  • Michael Rademacher: Landkreis Braunsberg – Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.

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