Längstwelle

Als Längstwellen (englisch very low frequency, kurz VLF) bezeichnet man elektromagnetische Wellen im Frequenzbereich von 3 kHz bis 30 kHz, entsprechend Wellenlängen von 100 km bis 10 km (nicht zu verwechseln mit Niederfrequenz (< 3 kHz); siehe Frequenzband).

Der Teil-Frequenzbereich der Längstwellen unter 9 kHz ist von Seiten der internationalen Fernmeldeorganisation (ITU) nicht reguliert, der Teil darüber jedoch sehr wohl.

Geschichte

In der Anfangszeit der Funktechnik wurde im Bereich ab 20 kHz wiederholt Telefonie mit Hilfe der Amplituden- oder Einseitenbandmodulation versucht, doch war das Ergebnis wegen der geringen Übertragungsbandbreite unbefriedigend.

Der historische Längstwellensender SAQ in Grimeton (bei Varberg in Schweden) ist zu besonderen Anlässen jeweils für etwa eine halbe Stunde in Betrieb und kann zu diesen Zeiten in Aktion besichtigt werden, etwa am Alexanderson-Tag.

Anwendung

Kommunikation mit U-Booten

Längstwellen werden wegen ihre Fähigkeit, etwa 15 m (bei 30 kHz) bis 50 m (bei 3 kHz) in Meerwasser eindringen zu können, für die Kommunikation mit getauchten U-Booten genutzt. In diesem Frequenzbereich ist auf Grund der geringen Trägerfrequenz und des geringen Signal-Rausch-Abstandes nur eine Kommunikation mit einer Bandbreite von wenigen Hertz möglich.

Die Grenze der Eindringtiefe ist fließend und abhängig von

  • der Sendeleistung
  • der Größe der Empfangsantenne und der Empfindlichkeit des Empfängers
  • den Eigenschaften des Meerwassers (Salzgehalt, Temperatur).

Bei einer Sendefrequenz von 15 kHz beträgt die Eindringtiefe in Meerwasser etwa 20 Meter, bei 82 Hz (noch unterhalb der Längstwellen, dann SLF genannt) sind es etwa 300 Meter. So benutzt der russische Sender ZEVS 82 Hz für die U-Boot-Kommunikation, der inzwischen eingestellte US-amerikanische Sender Sanguine benutzte 76 Hz.

Im Zweiten Weltkrieg betrieb die deutsche Kriegsmarine von 1943 bis 1945 auf 16,55 kHz (Hauptfrequenz) die Sendeanlage Goliath bei Kalbe an der Milde. Die Deutsche Marine nutzt seit 1982 die Marinefunksendestelle Rhauderfehn (Rufzeichen DHO38).

Weiteres

Ein anderes Einsatzgebiet der Längstwellen ist der Bergwerks- bzw. Tunnelfunk. Hier werden die Antennendrähte im Schacht verlegt, der Abstand zu den Empfängern ist also nie besonders groß.

Daneben werden sie auch zur Funknavigation (Alpha) und zur Übermittlung von Zeitzeichen (Beta) eingesetzt.

Ein Nebeneffekt der Sender ist die Untersuchung des Reflexionsverhaltens in oberen Erdschichten mittels VLF-Verfahren der Geophysik. Damit lassen sich geologische Strukturen auffinden, wenn sie sich durch ihre elektrische Leitfähigkeit von der Umgebung unterscheiden.

Antennenanlage

Längstwellensender erfordern große Antennen-Anlagen, die aus mehreren Masten von über 100 m Höhe bestehen, und beanspruchen ein Areal von einigen Quadratkilometern. Im Unterschied zu anderen technischen Großanlagen wie Flughäfen wird allerdings die Natur auf dem Areal eines Längstwellensenders nur unwesentlich beeinträchtigt.

Es gibt auch mobile Längstwellensender auf Flugzeugen wie der Boeing E-6 im Rahmen von TACAMO, wo ein bis zu 7 km langer Draht als Sendeantenne vom Flugzeug nachgeschleppt wird.

Wellenausbreitung

Längstwellen breiten sich im ionosphärischen Wellenleiter zwischen der Erdoberfläche und der ionosphärischen D-Schicht aus, im Höhenbereich zwischen etwa 70 km und 90 km. Eine Ausnahme ist die Whistler-Ausbreitung.

Da die Wellenlängen der Längstwellen (10 km bis 100 km) bereits die Dimensionen des Wellenleiters besitzen, lässt sich ihre Ausbreitung nur für relativ kurze Entfernungen zwischen Sender und Empfänger durch die Strahlenoptik beschreiben, also als Interferenz zwischen Bodenwelle und ein- oder zweimal an der Ionosphäre reflektierten Wellen, z. B. bei einer Frequenz von 15 kHz bis ca. 1000 km.

Bei größeren Entfernungen ist eine wellenoptische Betrachtungsweise notwendig. Im Niederfrequenzbereich schließlich (Frequenz unterhalb von 3 kHz: ULF und SLF) ist nur noch die wellenoptische Lösung möglich.

Ein extremer Fall sind die Schumann-Resonanzen. Dies sind die Eigenschwingungen im Hohlraum zwischen Erdoberfläche und Ionosphäre mit einer Wellenlänge von der Größe des Erdumfangs und einer Frequenz von ca. 7,5 Hz sowie Oberwellen.

Liste der Längstwellensender

Die folgende Liste enthält in Deutschland empfangbare Sender bzw. Quellen für Längstwellen und Super-Low-Frequency.

Sender mit Frequenzen über etwa 20 kHz können nicht mit Standard-PC-Soundkarten empfangen werden, da diese eine Abtastrate von 48 kHz verwenden und steile (digitale) Tiefpässe ab 20 kHz einsetzen. Dafür sind Soundkarten mit Abtastfrequenzen von 96 oder 192 kHz notwendig.

Farbig gekennzeichnet sind durch Fernsehen und Computer in der Vergangenheit verstrahlte Frequenzen.

Ruf-
zei-
chen
Fre-
quenz
(Hz)
Standort Bemerkungen
76 Clam Lake (Wisconsin),
Escanaba River State Forest (Michigan)
Sanguine (Super Low Frequency)
82 Kola-Halbinsel (Russland) ZEVS (Super Low Frequency)
10125 Zeilenfrequenz des britischen 405-Zeilen-SW-Fernsehens
bis 1985
11905 Russland (verschiedene Standorte) Alpha-Navigation
12649
14881
15625 CCIR-Zeilenfrequenz von Röhren-TV-Geräten
(ohne 100 Hz-Technik)
15700 CGA-Zeilenfrequenz von Computer-Monitoren
(40×25, 80×25, 320×200, 640×200 @60 Hz)
15734 NTSC-Zeilenfrequenz von Röhren-TV-Geräten
(mit Einführung des Farbfernsehen, ohne 120 Hz-Technik)
15750 NTSC-Zeilenfrequenz von Röhren-TV-Geräten
(vor Einführung des NTSC-Farbfernsehens)
? 15800 ?
JXN 16400 Helgeland (Norwegen)
SAQ 17200 Grimeton (Schweden) nur zu besonderen Anlässen aktiv (Alexanderson Day)
≈17500 ? Zwanzigsekundenpulse
NAA 17800 Cutler (USA) U-Boot-Sender der US-Marine
RDL
UPD
UFQE
UPP
UPD8
18100 Russland (verschiedene Standorte)
18141
18182
Zeilenfrequenz von Hercules-Grafikkarten (Text/Grafik)
mit 16-MHz-Quarz (80×25, 720×348 @49 Hz)
HWU 18300 Le Blanc (Frankreich) häufig längere Zeit inaktiv
18432
18474
Zeilenfrequenz von MDA/Hercules/EGA-Grafikkarten
(Text/Grafik) mit 16,257-MHz-Quarz (80×25, 720×348 @50 Hz)
RKS 18900 Russland (verschiedene Standorte) selten und nur kurzzeitig aktiv
GBZ 19600 Anthorn (Großbritannien) großes Repertoire an Betriebsarten
auch Impulse
ICV 20270 Tavolara (Italien)
20475 Zeilenfrequenz des französischen 819-Zeilen-TVs
bis 1983
RJH63
RJH66
RJH69
RJH77
RJH99
20500 Russland (verschiedene Standorte) Zeitzeichensystem Beta
ICV 20760 Tavolara (Italien)
HWU 20900 Le Blanc (Frankreich)
RDL 21100 Russland (verschiedene Standorte) selten aktiv
HWU 21750 Le Blanc (Frankreich)
21851 Zeilenfrequenz von EGA-Grafikkarten
(40×25, 80×25, 640×350 @60 Hz)
JJI 22100 Marinefunkstelle Ebino (Japan)
? 22100 Skelton (Großbritannien)
? 22300 Russland? nur am 2. eines Monats von 11–13 Uhr
bzw. 10–12 Uhr im Winter,
jedoch nicht sonntags.
RJH63
RJH66
RJH69
RJH77
RJH99
23000 Russland (verschiedene Standorte) Zeitzeichensystem Beta
DHO38 23400 Saterland (Deutschland) Aktiver Sender der Deutschen Marine
NAA 24000 Cutler (USA) U-Boot-Sender der US-Marine
TBB 26700 Bafa (Türkei) Sendeanlage für die Längstwelle des US-Militärs (NATO)

Der bekannte Längstwellensender GBR in Rugby (Sendefrequenz 15,95 kHz) sendet seit dem 1. April 2003 nicht mehr.

Siehe auch

  • Extremely Low Frequency (extrem niedrige Frequenzen, noch unter den Längstwellen: 3 Hz bis 30 Hz)
  • Omega-Navigationsverfahren
  • Atmosphärische Störungen

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