Malayali

Die Malayali, manchmal auch als Keraliten oder Mallu bezeichnet, sind eine dravidische ethnolinguistische Gruppe im südindischen Bundesstaat Kerala und dem Unionsterritorium Lakshadweep. Ihre Muttersprache ist Malayalam, was in diesen beiden Regionen Amtssprache ist. Weltweit gibt es knapp 40 Millionen Malayali, davon mehrere Millionen im Ausland. Die Malayali stellen die überwiegende Bevölkerungsmehrheit in Kerala und zeichnen sich durch eine große kulturelle Vielfalt aus, die hinduistische, christliche, jüdische und muslimische Traditionen umfasst.

Geschichte

Die Ursprünge der Malayali liegen bei den dravidischen Völkern Südindiens, ihre engsten Verwandten sind die benachbarten Tamilen. Historisch waren die Malayali-Lebensräume durch die Westghats vom restlichen Indien getrennt, Kerala bildet einen schmalen, fruchtbaren Küstenstreifen am Arabischen Meer, abgegrenzt durch hohe Berge im Osten. Die Malabarküste war über Jahrhunderte eng mit der Kulturregion der Tamilen verbunden. Malayalam entstand wahrscheinlich zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert als eigenständige Sprache aus dem Tamilischen, begünstigt durch die geografische Isolation. Die Lage der Malarbarküste begünstigte gleichzeitig Kontakte mit dem Ausland: Schon in der Antike legten Händler aus dem Römischen Reich, aus dem Nahen Osten und aus Fernost an der Malabarküste an. Über die antiken Hafenstädte (wie das legendäre Muziris) kamen hellenistische und römische Einflüsse, und der Überlieferung nach gründete der Apostel Thomas im 1. Jahrhundert n. Chr. die erste christliche Gemeinde Indiens in Kerala. Ab dem 7. Jahrhundert etablierten sich durch arabische Gewürzhändler die Mappila-Muslime, die erste muslimische Gemeinschaft Südindiens. Im 15. Jahrhundert besuchten auch chinesische Expeditionen kurzzeitig Kerala, bevor im 15. Jahrhundert die Portugiesen (gefolgt von Niederländern und Briten) ankamen und die Region kolonial beeinflussten. Diese vielfältigen Kontakte erklären die bis heute große religiöse und ethnische Diversität der Malayali-Gesellschaft, wo es neben Hindus, Christen und Muslimen auch eine kleine jüdische Gemeinschaft (Cochin-Juden) gibt.

Politisch gehörte der Norden Keralas (Malabar) ab dem 18./19. Jahrhundert zur britischen Kolonie Indien, während die südlichen Landesteile in den Fürstenstaaten Travancore und Cochin bis 1947 halbautonome Gebilde blieben. Nach der indischen Unabhängigkeit wurden diese Teilregionen 1956 entlang der Sprachgrenzen zum neuen Bundesstaat Kerala vereinigt. Kerala war damit eine der ersten indischen Regionen, die auf linguistischer Basis neu organisiert wurden. In den 1950er Jahren erlangte die malayalische Gesellschaft internationale Aufmerksamkeit durch progressive Sozialreformen: 1957 wurde in Kerala die erste demokratisch gewählte kommunistische Regierung der Welt gebildet. Zugleich stieg das Bildungsniveau sprunghaft, Kerala weist seither eine der höchsten Alphabetisierungsraten Indiens auf und gilt als gut entwickelt. Seit den 1970er Jahren kam es zu einer massenhaften Arbeitsmigration von Malayali in die arabischen Golfstaaten, was einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung durch Rücküberweisungen bewirkte. Diese als „Gulf Boom“ bezeichnete Migrationswelle hat die Sozialstruktur Keralas nachhaltig beeinflusst.

Siedlungsgebiet

Die Malayali bilden die Bevölkerungsmehrheit in Kerala, dem mit rund 33 Millionen Einwohnern (Stand 2011) mittelgroßen Bundesstaat an Indiens Südwestküste. Etwa 96 % der Bewohner Keralas sprechen Malayalam als Muttersprache, weshalb „Malayali“ oft synonym für die einheimische Bevölkerung Keralas verwendet wird. Auch auf den vorgelagerten Lakshadweep-Inseln (mit Ausnahme von Minicoy) ist Malayalam die Haupt- und Amtssprache der einheimischen Bevölkerung. Darüber hinaus gibt es malayalamsprachige Minderheiten in den angrenzenden Gebieten der Bundesstaaten Karnataka und Tamil Nadu, insbesondere in den an Kerala grenzenden Distrikten sowie in der Exklave Mahé (Unionsterritorium Puducherry).

Kultur

Die Gebiete der Malayali gehören zum südindischen Kulturraum und verfügen über eine reiche und vielfältige kulturelle Tradition.

Sprache und Literatur

Die Sprache Malayalam gehört zum südlichen Zweig der dravidischen Sprachfamilie. Sie entwickelte sich aus einem alt-tamilischen Dialekt und begann sich ab dem 9. Jahrhundert n. Chr. als eigenständige Sprache herauszubilden. Einfluss auf diesen Prozess hatte die Zuwanderung nordindischer Brahmanen, durch die Malayalam zahlreiche Sanskrit-Lehnwörter und eine eigene Schrift auf Grundlage der südindischen Grantha-Schrift erhielt. Spätestens im 13. Jahrhundert entstand eine eigenständige Literaturtradition. Heute ist Malayalam eine der 22 Nationalsprachen Indiens und wurde aufgrund seiner langen literarischen Tradition von der Regierung offiziell als klassische Sprache anerkannt. Bekannt ist die reiche Literatur in Malayalam, die vom volkstümlichen Poesie-Genre Pattu bis zur modernen Prosa und Lyrik reicht.

Kunst und Tanz

Die Malayali haben eine vielfältige Kunst- und Kulturtradition, insbesondere in den darstellenden Künsten. Berühmt ist das Kathakali, ein klassisches Tanzdrama aus Kerala, das durch farbenprächtige Kostüme, aufwändiges Make-up und pantomimisches Schauspiel Epen wie das Ramayana und Mahabharata nacherzählt. Daneben existieren zahlreiche weitere Tanzformen: Im Norden Keralas wird das rituelle Teyyam aufgeführt, bei dem kostümierte Tänzer in Trance Götter und mythische Figuren verkörpern. Eine weitere klassische Tanzform ist Mohiniyattam, der „Tanz der Verführerin“, der traditionell von Frauen getanzt wird. Auch die traditionelle Kampfkunst Kalarippayat, die waffenlose Techniken und den Umgang mit Schwert, Stock und Schild umfasst, stammt aus Kerala und gilt als eine der ältesten Kampfkünste Indien. Diese kulturellen Ausdrucksformen werden bis heute gepflegt und häufig auf Festivals und Tempelfesten präsentiert.

Küche

Charakteristisch für die Küche der Malayali (Kerala-Küche) ist der großzügige Einsatz von Kokosnuss, Reis, Maniok (Tapioka) und Gewürzen wie schwarzem Pfeffer, Nelken, Zimt und Ingwer. Durch die lange Handelsgeschichte haben sich regionale Ausprägungen entwickelt: So zeichnet sich die Moplah-Küche der muslimischen Gemeinschaft in Nordkerala durch arabisch-persische Einflüsse aus, während die christliche Küche viele Elemente der europäischen Kolonialzeit aufgenommen hat. Die portugiesischen Seefahrer führten im 16. Jahrhundert Maniok (Kassava) als Nahrungsmittel ein, der heute fester Bestandteil der Kerala-Küche ist. Ein zentrales Element der malayalischen Esskultur ist das Sadhya, ein traditionelles Festmahl aus vegetarischen Gerichten, das vor allem zum Erntedankfest Onam auf Bananenblättern serviert wird. Aufgrund der ausgedehnten Küstenlinie spielt zudem Fisch und Meeresfrüchte eine große Rolle: Verschiedene Fisch-Currys (etwa das Kokosmilch-basierte Meen Moilee), Garnelen, Muscheln und Krabben werden häufig gegessen.

Religionen und Gesellschaft

Die malayalische Gesellschaft ist religiös vielfältig. Etwa 55 % der Malayali sind Hindus, rund 27 % Muslime und etwa 18 % Christen (Stand Volkszählung 2011). Keine andere große Volksgruppe Indiens weist eine so hohe Zahl an Christen auf, was auf die sehr frühen christlichen Gemeinden in Kerala zurückzuführen ist. Laut Überlieferung wurde bereits 52 n. Chr. durch den Apostel Thomas die erste christliche Kirche in Kerala gegründet (Thomaschristen). Die Nachfahren dieser alten Gemeinde gehören heute überwiegend den mit Rom unierten syro-malabarischen und syro-malankarischen Kirchen an. Spätere britische und niederländische Missionare brachten den Protestantismus. Die muslimischen Malayali (genannt Mappila) gehen überwiegend auf arabische Einwanderer und Konvertiten zurück, die seit dem Mittelalter durch den Gewürzhandel nach Kerala kamen. Daneben gab es historisch weitere Minderheiten: So existiert seit über 1000 Jahren eine jüdische Gemeinde in Kerala (die Cochin-Juden), die durch Handel mit dem Nahen Osten entstand. Trotz gelegentlicher Spannungen gilt Kerala als Beispiel für ein vergleichsweise harmonisches Zusammenleben der Religionen in Indien.

Diaspora

Durch Arbeitsmigration und Auswanderung hat sich eine weitverzweigte Malayali-Diaspora entwickelt. Eine Studie des Indian Institute of Management Ahmedabad bezifferte die Gesamtzahl der Malayali außerhalb ihres Heimatstaates (inkl. innerindischer Arbeitsmigranten) im Jahr 2011 auf etwa 4,6 Millionen Personen. Davon lebten fast 3 Millionen außerhalb Indiens, was bedeutet, dass die internationale Malayali-Diaspora sogar größer ist als die innerhalb Indiens lebende. Die wichtigsten Aufnahmeländer liegen in Westasien: Allein in den Vereinigten Arabischen Emiraten leben rund eine Million Keraliten und auch in Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Oman und Bahrain bestehen große Gemeinschaften. Diese Golf-Migration („Gulf Boom“) begann in den 1970er Jahren und wurde durch den Ölboom begünstigt. Sie hat zur Folge, dass noch heute ein erheblicher Teil der wirtschaftlichen Rücküberweisungen Indiens aus Kerala stammt. Neben den Golfstaaten haben Malayali-Auswanderer auch in Nordamerika und Europa Fuß gefasst; vor allem in Großbritannien, den USA und Kanada existieren malayalische Gemeinden, die häufig in hochqualifizierten Berufen tätig sind. Ebenso gibt es eine historische Malayali-Präsenz in Malaysia und Singapur, die aus der britischen Kolonialzeit datiert.

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