Museen über den Zweiten Weltkrieg befassen sich schwerpunktmäßig mit Themen aus dem Zweiten Weltkrieg. Es gibt aber Museen zur Geschichte, in denen der Zweite Weltkrieg ein Schwerpunkt neben anderen Themen ist. Aus Sicht der Museumspädagogik stellt sich immer die Frage, wie Informationen über diese Zeit, die Beteiligten am Kriegsgeschehen und über historische Zusammenhänge jenseits des Gedenkens an einzelne Daten, Personen oder Personengruppen hinaus für die nachfolgenden Generationen zu gestalten sind. Außerdem werden die Museen durch die Erinnerungskultur in dem jeweiligen Land politisch beeinflusst, so dass es mehr oder weniger große Schnittmengen aus Mahnmal und Gedenkstätte bereits in der Konzeption gibt. Die Abgrenzung zwischen Gedenkstätte und Museum ist nicht immer möglich.
International gibt es für diesen Zeitraum im 20. Jahrhundert vor allem Gedenkstätten, die das Wissen um die Zusammenhänge manchmal voraussetzen und daraus einen einzelnen Aspekt oder sogar nur eine einzelne Person näher darstellen sollen. Ein bekanntes Beispiel ist Anne Frank.
Der Zweite Weltkrieg ging mit der systematischen Verfolgung und Ermordung großer Bevölkerungsteile (Zivilbevölkerung) einher. Deshalb sind Gedenkstätten und Museen, die vor allem die Shoah – die Judenverfolgung darstellen, im selben historischen Zusammenhang angeordnet. Ähnliches gilt auch für Aspekte der Friedensbewegung / des Pazifismus, der Wehrdienstverweigerung (vergleiche Friedensmuseum) oder der nationalen Identität (Nationales Geschichtsmuseum, langfristiger Verlust der Souveränität). Seit einigen Jahrzehnten ist der Unterschied neuer Ausstellungen über den Zweiten Weltkrieg gegenüber monothematischen Militärmuseen in der Geschichts- und Museumsdidaktik inzwischen sehr ausgeprägt (siehe dazu unter Kriegsmuseum), doch lässt sich für ein Museum nicht immer eine eindeutige Zuordnung/Abgrenzung der beiden Themenschwerpunkte festlegen.
Typologie der Museen des Zweiten Weltkriegs
Der deutsch-kanadische Historiker Stephan Jaeger identifiziert acht Archetypen der musealen Darstellung des Zweiten Weltkriegs, wobei ein beliebiges Museum einem oder mehreren dieser Archetypen in verschiedenen Stärken entsprechen kann: Geschichtsmuseen, Narrativmuseen, Gedenkmuseen, Gedenkstätten, Dokumentationszentren, Ideenmuseen, Erlebnismuseen und Sammlermuseen. Darüber hinaus gibt es Unterscheidungen zwischen der Öffentlichkeitsausrichtung eines Museums (öffentlich, privat), der Größenordnung der Institution (lokal, regional, national) sowie eine Unterscheidung zwischen dauerhaften und temporären Ausstellungen.
- Die typischerweise auf Artefakten aufgebauten Geschichtsmuseen sammeln und kompilieren Ausstellungsgegenstände, um den Besuchern eine Verbindung zur dargestellten Vergangenheit zu ermöglichen. Oft werden hier zahlreiche Objekte der Museumssammlung ausgestellt. Solche artefaktbasierten Geschichtsmuseen stellen den Standardtypus eines historische Museums dar.
- Die Narrativmuseen nutzen im Vergleich dazu merklich weniger Ausstellungsobjekte. Die Kuratoren von Narrativmuseen verstehen ihre Hauptaufgabe nicht in der Sammlung, Bewahrung und Ausstellung von Objekten, sondern in der Bereitstellung einer narrativen Erfahrung für den Besucher. Als archetypisches Narrativmuseum des Zweiten Weltkriegs gilt das United States Holocaust Memorial Museum. In Polen gibt es zahlreiche Museen, die sich mit Martyrologie beschäftigen und die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den Mittelpunkt ihrer Erzählung stellen. In Ungarn versucht wiederum das Haus des Terrors, geschichtspolitische Ziele der ungarischen Regierung in das eigene Narrativ einzuweben.
- Das Gedenkmuseum stützt sich üblicherweise auf ein einzelnes Ereignis oder einen einzelnen Vorgang, in der einer bestimmte Gruppe von Menschen Leid erfahren hat, wobei diese Gruppe entweder militärisch oder zivil sein kann. Die Perspektive der Opfer wird priorisiert, um Überlebenden oder Angehörigen eine engere Verknüpfung zur Opfergruppe zu ermöglichen. Im Kontext der Militärgeschichte sind die Gedenkmuseen, besonders in den ehemaligen Staaten der Alliierten, häufig heroisierende Erzählungen über den Leidensweg der alliierten Armeen auf dem Weg zum Sieg im Zweiten Weltkrieg. In Frankreich stellt der Museumstypus der Mémorials oft eine Mischung zwischen Geschichtsmuseen und Gedenkmuseen dar.
- Der Typus der Gedenkstätten ist hauptsächlich in der Bundesrepublik Deutschland verbreitet. Gedenkstätten befinden sich häufig unmittelbar an einem Ort, an dem ein historisches Unrecht begangen wurde und beziehen sich im Kontext des Zweiten Weltkriegs fast immer auf die Verbrechen des Nationalsozialismus, auch wenn das Konzept der Gedenkstätte insbesondere seit 1990 auch auf die Verbrechen der DDR-Regierung ausgeweitet wurde. Gedenkstätten haben stark ausgeprägte Bildungsaufgaben; die Authentizität des Verbrechensorts soll einerseits durch seine Eigendynamik und andererseits durch die dokumentarische Aufbereitung des dort begangenen Unrechts die politische und ethische Ausrichtung des Besuchers schärfen. Während sowohl Gedenkmuseen als auch Gedenkstätten die Erinnerung an menschliches Leid betonen, sind Gedenkstätten anders als Gedenkmuseen niemals heroisierend; Gedenkstätten berichten ausschließlich über Unrechtssituationen.
- Ein weiterer fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum verbreiteter Typus sind die Dokumentationszentren. Hierbei fokussiert sich die Ausrichtung der Dokumentationszentren auf die Täter historischen Unrechts, deren Selbstzeugnisse als Beweismittel ihrer Verbrechen herangezogen werden. Zu den wichtigsten Dokumentationszentren gehören das NS-Dokumentationszentrum München, das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg und das Projekt Topographie des Terrors in Berlin.
- Ideenmuseen fokussieren sich auf einzelne Konzepte oder Ideen, um kriegshistorische Informationen zu vermitteln. Hierbei sind die Leitkonzepte üblicherweise Frieden, Toleranz oder Menschenrechte. Hierbei können sich Ideenmuseen entweder an die starke stringente Erzählung der Narrativmuseen anlehnen oder aber auf eine eher kritische Bildung setzen, welche die Besucher zum Hinterfragen etablierter Konzepte anregen soll.
- Die Erlebnismuseen beziehen spielerische Elemente (Reenactment) sowie starke Inszenierung mit ein und sind insbesondere im angloamerikanischen Raum verbreitet. Durch eine simulierte Atmosphäre und starke Immersion heben sich Erlebnismuseen von den sterileren Geschichtsmuseen ab.
- Sammlermuseen bzw. Sammlungen entstehen häufig aus privaten Sammlungen von Memorabilia und Artefakten (fast immer Waffen, Uniformen, Fahrzeugen und anderem Großgerät etc.), die dann für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein erzählerischer oder bildungsorientierter Anspruch wird hier dem Ziel der Authentizität nachgeordnet. Im Falle privater Sammlungen dient die öffentliche Ausstellung mitunter dem späteren Verkauf der Objekte an interessierte Besucher.
Übersicht nach Ländern und Orten
Belgien
- Bastogne War Museum, Bastogne
- Teile des Koninklijk Museum van het Leger en de Krijgsgeschiedenis, Brüssel
China
- Zhōngguó rénmín gémìng jūnshì bówùguǎn (China People’s Revolution Military Museum – Militärmuseum der chinesischen Volksrevolution; Museum der Volksbefreiungsarmee), Beijing (Peking)
- Teile des Chinesischen Nationalmuseum, Beijing (Peking), (Zhongguo guojia bowuguan, 2003 umgewidmet; davor Museum der Geschichte Chinas und Museum der Chinesischen Revolution)
Dänemark
- Frihedsmuseet, Museum des dänischen Widerstands, Kopenhagen
- Teile des dänischen Kriegsmuseums (Krigsmuseet), Kopenhagen
- Teile des dänischen Nationalmuseums (Nationalmuseet), Kopenhagen
Deutschland
- Teile des Deutschen Historischen Museums, Zeughaus Berlin, seit 1990
- Humberghaus, ein authentischer Geschichtsort über jüdisches Leben in einem Dorf, Landjudentum, Westmünsterland; 1938–1945: gelungene Flucht nach Kanada von drei Familien und Vernichtung im Konzentrationslager von vier Familien
- Museum Berlin-Karlshorst, Ort der Kapitulationsunterzeichnung durch u. a. Wilhelm Keitel.
Estland
- Okkupationsmuseum, Tallinn
Frankreich
- Airborne-Museum, Saint-Mère-Église
- Juno Beach Centre, Courseulles-sur-Mer
- Mémorial de Caen, Caen
- Mémorial de Falaise – La Guerre des Civils, Falaise
- Mémorial Leclerc et de la Libération de Paris – Musée Jean Moulin, Paris
- Musée de la Libération, Cherbourg
- Musée de la bataille de Normandie, Bayeux
- Musée du Débarquement, Arromanches-les-Bains
- Musée du Mur de l’Atlantique, Ouistreham
- Musée Dunkerque 1940 Operation Dynamo, Dünkirchen
- Musée et site de la Batterie der Merville, Merville-Franceville-Plage
- Overlord Museum, Colleville-sur-Mer
- Utah Beach Landing Museum, Sainte-Marie-du-Mont
Kanada
- Kanadisches Kriegsmuseum, Sektion 3: Kanada im Zweiten Weltkrieg, Ottawa
Lettland
- Teile des Lettischen Okkupationsmuseums (lett. Latvijas Okupācijas muzejs), Riga
Japan
- Hiroshima Peace Memorial Museum (jap. 平和記念資料館, Heiwa Kinen Shiryōkan), Hiroshima
Malta
- Malta at War Museum, Vittoriosa
Niederlande
- Airborne Museum Hartenstein, Oosterbeek
- Anne-Frank-Haus
- Bevrijdingsmuseum Zeeland, Nieuwdorp
- Nationaal Oorlogs- en Verzetsmuseum, Overloon, Provinz Noord-Brabant
- Verzetsmuseum, Amsterdam
- Vrijheidsmuseum, Groesbeek
Österreich
- Schloss Hartheim
Polen
Russland
- Zentralmuseum des Großen Vaterländischen Krieges, Moskau
Vereinigte Staaten
- National World War II Museum, New Orleans
- Rendell-Museum of World War II, Natick/Boston
Vereinigtes Königreich
- Imperial War Museum, London
- Northern Ireland War Memorial, Belfast
- The Second World War Experience Centre, Walton, West Yorkshire
Siehe auch
- Kategorie:Gedenkstätte des Zweiten Weltkriegs
- Liste der Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus
- Liste von Kriegsgräberstätten (und damit verbundenen Museen)
- Kalenderartiger Überblick zum Verlauf: Chronologie des Zweiten Weltkrieges
Literatur
- Aleida Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. In: Schriftenreihe 633, Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2007, ISBN 978-3-89331-787-5.
- Peter Reichel: Geschichtspolitisches Desaster – Die Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums. (aus: Tribüne 45, 2006, H. 3, S. 95–106; auch online)
- Edgar Wolfrum: Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Der Weg zur bundesrepublikanischen Erinnerung. 1948–1990. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1999, ISBN 3-534-14479-1
wikipedia, wiki, enzyklopädie, buch, bibliothek, artikel, lesen, kostenlos herunterladen, Informationen über Museen über den Zweiten Weltkrieg, Was ist Museen über den Zweiten Weltkrieg? Was bedeutet Museen über den Zweiten Weltkrieg?