Nukleosomen bilden einen Komplex aus DNA und Histonen. Dies ist die erste Verpackungsstufe der DNA im Zellkern eukaryotischer Zellen; Vorstufen finden sich auch bei Archaeen. Als mögliche Anordnung der Nukleosomenpakete, welche die DNA im Chromatin als 30 nm dicke Faser zusammenhalten, wird die Solenoidstruktur vorgeschlagen.
| Übergeordnet |
|---|
| Chromosom |
| Untergeordnet |
| DNA Histone |
| Gene Ontology |
| QuickGO |
Aufbau und Struktur
Chromatin besteht aus DNA, Histonen und Nicht-Histon-Proteinen. Im entfalteten Zustand, der „10-nm-Faser“, sieht das Chromatin aus wie eine Perlenkette. Diese hat etwa ein Drittel der Länge des enthaltenen DNA-Strangs. Die grundlegende Struktureinheit der Chromatinfaser bezeichnet man als Nukleosom. Sie besteht aus DNA und Histonen und wiederholt sich etwa alle 160 bis 240 Basenpaare DNA.
Durch Verdau des Chromatins mit MNase (Endonuklease, die freie DNA verdaut) erhält man Histonoktamere, um die ein Stück DNA gewunden ist sowie andere DNA bindende Proteine und deren gebundene DNA-Fragmente. Diese Einheit wird als Nucleosome Core Particle (NCP) oder Nukleosomen-Grundpartikel bezeichnet und ist in jedem Nukleosom enthalten. Das Oktamer besteht aus je zwei Exemplaren der Proteine H2A, H2B, H3 und H4. Um so einen Proteinkomplex sind in 1,65 Windungen 147 Basenpaare der DNA als linksgängige Superhelix gewunden. Damit bildet das NCP einen Zylinder von ungefähr 10 nm Durchmesser und 2,5–6 nm Höhe.
Im Chromatin sind die einzelnen Nukleosomen-Grundpartikel durch unterschiedlich lange DNA-Linker miteinander verbunden. Die DNA-Linker, die zwischen 160 Basenpaaren in Hefe und 200 Basenpaaren in höheren Organismen umfassen können, (beim Menschen sind es 50–60 Basenpaare) werden durch ein weiteres Histon, H1, besetzt, welches am Aufbau nächsthöherer Strukturen beteiligt ist. Zusammen mit Histon H1 bezeichnet man das NCP als Chromatosom. Histon H1 erwirkt eine Kondensation der einzelnen Nukleosome, die in einer in einer kompakteren Organisation des Chromatins resultiert, welche zumindest in vitro als 30-nm Faser identifiziert werden konnte (erklärt z. B. im Solenoid-Modell). Die Kombination aus Chromatosom und Linker-DNA ist definiert als Nukleosom, wobei umgangssprachlich auch das NCP für sich genommen als Nukleosom bezeichnet wird.
Die Komponenten des Nukleosomenkerns wurden in der Evolution hoch konserviert (nur zwei Aminosäurereste unterscheiden das Histon H4 des Rindes von jenem der Erbse), was die fundamentale Bedeutung dieser Einheit unterstreicht.
Dynamik
Die Position von Nukleosomen entlang des DNA-Strangs ist nach ihrer Entstehung nicht festgelegt. So geschieht ein kurzes Abwickeln der DNA von einem einzelnen Nukleosom etwa 10 mal pro Sekunde. Diese Dynamik wird dadurch beeinflusst,
- welche Histonvarianten exprimiert wurden,
- wie diese nach der Translation durch Enzyme modifiziert wurden,
- von physikalischen Eigenschaften der jeweiligen DNA-Sequenz, wie zum Beispiel der Biegsamkeit,
- und der übergeordneten Struktur des Chromatins in Nähe des Nukleosoms.
Die überwiegend Lysin- und Arginin-reichen und damit positiv geladenen N-terminalen Enden der Histone (die „histone-tails“, übersetzt „Histonschwänze“) binden an das negativ geladene Rückgrat der DNA-Phosphatreste, wodurch die Zugänglichkeit für Transkriptionsfaktoren eingeschränkt wird. Diese Enden ragen aus dem NCP raus und sind den meisten Histonmodifikationen ausgesetzt. Zum Beispiel beseitigt die Acetylierung der Lysinreste durch Acetyltransferasen deren positive Ladung, wodurch deren Affinität zu benachbarten Nukleosomen reduziert wird. Das hat zur Folge, dass die zuvor verdeckte DNA zugänglich und ihre Information auslesbar werden.
Dieses Modell, stark vereinfacht auf Ladungsveränderungen beruhend, ist mittlerweile zumindest umstritten. Neuere Forschungen zeigen, dass die modifizierten Motive durch verschiedene Proteine ausgelesen werden können, und dies zur Aktivierung oder Reprimierung betroffener Gene führt. Der Acetylierungsstatus selbst wird durch das Gleichgewicht der Histon-Acetyltransferasen (HATs) bzw. Histon-Deacetylasen (HDACs) bestimmt – werden letztere durch einen spezifische Inhibitoren wie Trichostatin A (TSA) oder Butyrat gehemmt, so dominieren die ersteren. Derartige Versuchsansätze haben zum experimentellen Nachweis dieses Sachverhaltes geführt.
Entdeckung
Von Ada und Donald Olins in elektronenmikroskopischen Darstellungen gequollener Zellkerne entdeckt und 1973 erstmals auf dem „Third Annual Meeting of the American Society for Cell Biology“ als „ν-body“ (‚neues Partikel‘) vorgestellt, wurde die helikale Form (Solenoidstruktur) nahezu umgehend als elementare Verpackungseinheit der DNA im Chromatin akzeptiert.
1974 gelangen mehreren Teams, darunter jenem von Roger Kornberg, Analysen, die den Aufbau dieser Partikel aus einem aus acht Histonen aufgebauten Komplex, einem verbindenden Linker-Histon und etwa 160–200 Basenpaaren an DNA zeigten. 1975 wurde diese Einheit als Nukleosom eingeführt. 1974 gilt heute als Geburtsjahr der molekularen Epigenetik.
Arbeiten zur Struktur der Nukleosomen wurden durch Aaron Klug (Nobelpreis 1982 für Kristall-Strukturanalysen an Protein/Nucleinsäure-Komplexen) in London am Medical Research Council aufgenommen. Diese Arbeiten führten 1984 bei noch relativ geringer Auflösung zum ersten Strukturvorschlag. Die Arbeiten werden seitdem systematisch durch Timothy Richmond, der bereits in der Gruppe von Klug 1984 an dem ersten Strukturvorschlag beteiligt war, am Institute for Molecular Biology & Biophysics der ETH Zürich vorangetrieben. 1997 publizierte die Arbeitsgruppe von Richmond eine Struktur des Nukleosoms mit einer Auflösung von 2,8 Å und 2002 folgte die Publikation der Struktur mit einer Auflösung von 1,9 Å.
Im Jahr 2005 publizierte die Arbeitsgruppe von Richmond eine Röntgen-Kristallstruktur des Tetranukleosoms.
Literatur
- C. P. Prior, C. R. Cantor, E. M. Johnson, V. C. Littau, V. G. Allfrey: Reversible changes in nucleosome structure and histone H3 accessibility in transcriptionally active and inactive states of rDNA chromatin. In: Cell. 34, 1983, S. 1033–1042.
- J. Gòmez-Lira M. M. Bode, H. Schröter: Nucleosomal particles open as the histone core becomes hyperacetylated. In: Eur. J. Biochem. 130, 1983, S. 437–445.
- B. D. Strahl, C. D. Allis: The language of covalent histone modifications. In: Nature. 403, Nr. 6765, 2000, S. 41–45.
- V. B. Teif, K. Rippe: Predicting nucleosome positions on the DNA: combining intrinsic affinities and remodeler activities. In Nucleic Acids Res. 37, 2009, S. 5641–5655, doi:10.1093/nar/gkp610.
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