Oligopol

Das Oligopol (altgriechisch ὀλίγοι oligoi, deutsch ‚wenige‘ und altgriechisch πωλεῖν pōlein, deutsch ‚verkaufen‘) ist in der Wirtschaft eine Marktform, die durch wenige Marktteilnehmer gekennzeichnet ist. Die Marktteilnehmer auf einem beliebigen Markt (Gütermarkt, Finanzmarkt) sind die Anbieter und Nachfrager. Ist nur ein einziger Anbieter vorhanden, spricht man von einem Monopol.

Oligopolmärkte sind Preisfixierermärkte mit hohen Eintrittsbarrieren.

Preisfixierermärkte mit hohen Eintrittsbarrieren

Die meisten Firmen haben bei der Setzung ihrer Preise einen gewissen Spielraum. So wird Adidas nicht alle seine Kunden verlieren, wenn es den Preis seiner Schuhe um 10 % erhöht. Die Firma wird in diesem Fall aber deutlich Absatz verlieren, denn es gibt viele gute und dann billigere Ersatzprodukte. Sollten sich insgesamt die Margen im Schuhgeschäft kurzfristig deutlich erhöhen, so sind die Eintrittsbarrieren in diesen Markt verhältnismäßig gering und man wird in relativ kurzer Zeit neue Anbieter auf dem Schuhmarkt sehen. Dies führt dazu, dass die Zahl der Anbieter hoch und die Margen im Schuhgeschäft überschaubar bleiben.

In einigen Fällen gibt es jedoch hohe Eintrittsbarrieren für den Eintritt in ein Geschäftsfeld. Dies führt dazu, dass die Anzahl der Konkurrenten überschaubar bleibt, die gleiche oder vergleichbare Produkte anbieten. Die wenigen Firmen auf dem Markt können dann vergleichsweise hohe Margen erzielen.

Eintrittsbarrieren, die den Markteintritt neuer Firmen erschweren, sind beispielsweise:

  • Skaleneffekte
  • Staatliche Lizenzen oder andere rechtliche Barrieren
  • Patente
  • Kontrolle über entscheidende Ressourcen
  • Netzwerkeffekte
  • Lock-in-Effekte
  • Kartelle
  • Knowhow-Vorsprung

In Märkten mit hohen Eintrittsbarrieren bleibt die Anzahl der Anbieter gering. Weil es nur wenige Anbieter gibt, hat jeder eine gewisse Marktmacht und kann durch seine Preis- oder Mengenentscheidung den Markt insgesamt beeinflussen. Die optimale Entscheidung eines Anbieters hängt somit stark davon ab, wie sich die (wenigen und bekannten) Konkurrenten verhalten werden. Ein Oligopolist steht also vor einem spieltheoretischen Entscheidungsproblem.

Ein Oligopol verleitet zu Preisabsprachen, aber auch dazu, diese Preisabsprachen zu unterlaufen. Dies illustriert eines der wichtigsten Oligopole der Weltwirtschaft: die OPEC.

Darstellung in der Theorie

In der Theorie werden Oligopole häufig mit den Instrumenten der Spieltheorie analysiert. In einem solchen Spiel kann bei vollständiger Information jeder Anbieter die optimale Reaktion der Konkurrenten antizipieren. In Oligopolen gibt es typische Marktverhaltensmuster:

Preisführerschaft
Ein Oligopolist wird von den anderen als Preisführer anerkannt. Alle Marktteilnehmer verändern ihre Preise erst dann, wenn der Preisführer den Preis verändert hat. Im statischen Fall führt dieses Verhalten zu einem sog. Stackelberg-Gleichgewicht.
Imitation
Während die meisten preistheoretischen Modelle von einer rechnerischen Maximierungsentscheidung ausgehen, zeigen Experimente, dass auch die Imitation, d. h. die Nachahmung eines Konkurrenten, eine häufige Verhaltensform im Oligopol ist. Wenn der Preisführer imitiert wird, kann im Duopol auch der Monopolpreis erreicht werden.
Abgestimmte Verhaltensweisen und Kartellbildung
In engen Oligopolen lassen sich Preis- und Mengenabsprachen leicht organisieren. Diese Verhaltensweise ist dann für die Anbieter besonders attraktiv, wenn andere Formen des Wettbewerbs (Qualität, Service) ausscheiden, was vor allem bei homogenen Oligopolen der Fall ist.
Ruinöser Wettbewerb
Wenn ein Unternehmen marktführend ist und über genügend Rücklagen und damit den längeren Atem verfügt, kann es Konkurrenten durch ein besonders aggressives Preisverhalten aus dem Markt zu drängen.

Ein Marktgleichgewicht (Nash-Gleichgewicht) liegt dann vor, wenn kein Anbieter einen Anreiz hat, seine Menge bzw. seinen Preis zu verändern (was entsprechende Reaktionen der Mitbewerber hervorrufen würde).

Oligopolmodelle

Cournot-Oligopol
Markt, auf dem die Teilnehmer vorab simultan über die Angebotsmengen entscheiden
Stackelberg-Wettbewerb
Markt, auf dem die Teilnehmer vorab hintereinander über die Angebotsmengen entscheiden
Bertrand-Wettbewerb
Markt, auf dem die Teilnehmer vorab simultan über die Angebotspreise entscheiden
Preisführerschaft
Markt, auf dem die Teilnehmer vorab hintereinander über die Angebotspreise entscheiden
Kreps-Scheinkman-Modell
Markt, auf dem die Teilnehmer zunächst simultan über den Aufbau von Kapazitäten und danach simultan über die Angebotspreise entscheiden
Hotelling-Modell
Markt, auf dem die Teilnehmer vorab über ihre Positionierung (räumlich oder durch Produktvarianten) entscheiden
Sweezy-Modell
Markt, auf dem der Preis als Wettbewerbsoption der Teilnehmer entfällt, da dieser quasi starr bleibt und somit nur Größen wie Werbung und Serviceleistungen entscheiden
Drei-D-Modell
Stringer und Rudnik beschreibt das Oligopol aus drei Dimensionen.

Rechtliche Konsequenzen

Direkte Preisabsprachen sind nach dem Wettbewerbsrecht verboten, weil sie zu einem Effekt führen können, der den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand negativ beeinflusst. Sozialer Überschuss (Wohlfahrtsverlust) wird dadurch vermindert, dass die Produzenten die Konsumenten ausnutzen. Aber auch Fusionen von Unternehmen können vom Kartellamt verboten werden, wenn sie zu einem schädlichen Oligopol führen. Ein schädliches Oligopol liegt vor, wenn entweder eine Kollusion der Oligopolisten droht (englisch coordinated effects) oder wenn die Imitation der Oligopolisten zu einem Oligopolfrieden führt.

Durch eine Vielfalt nominell eigenständiger Marken kann ein Oligopol verschleiert werden. Unter anderem ist der Handel mit CDs und anderen Tonträgern ein Oligopol weniger Anbieter, die einen Marktanteil von knapp 72 % (2004) haben. Durch die Heterogenität der Produkte und die geringe Preiselastizität der Nachfrage befand sich der Markt in der Vergangenheit in einer sehr starken Preis- und Organisationsstruktur.

Beispiele

  • Die deutsche konventionelle Stromerzeugung ist (Stand 2019) stark konzentriert. Die fünf Großkonzerne Uniper, RWE, EnBW, LEAG und Vattenfall erzeugen gemeinsam 70 % des konventionellen, d. h. nicht nach dem Erneuerbaren-Energiengesetz vergüteten, Stroms. Der Marktführer RWE erzeugt davon alleine 30,2 %. (Siehe auch Die großen Vier (deutsche EVU)). Allerdings ist die Marktmacht dieser konventionellen Stromerzeuger durch den hohen Anteil Erneuerbarer Energien eingeschränkt, deren Erzeuger ihrer Marktmacht entzogen sind.
  • Im Fahrtreppen­bau gibt es ein Oligopol. Auf dem deutschen Fahrtreppenmarkt gibt es heute nur fünf Hersteller: Geyssel Fahrtreppenservice, KONE, Otis Elevator Company, Schindler Aufzüge und Thyssenkrupp Elevator. Das Aufzugs- und Fahrtreppenkartell wurde 2004 aufgedeckt. Zumindest in Deutschland und den Benelux-Staaten funktionierte das Kartell. Im Visier der Fahnder waren dort 17 Tochtergesellschaften des weltweit führenden Quartetts der Aufzugs- und Fahrtreppenkonzerne: ThyssenKrupp Elevator aus Deutschland, die zum US-amerikanischen Konzern United Technologies gehörende Otis, Schindler aus der Schweiz, Kone aus Finnland sowie ferner die Mitsubishi Elevator Europe, die nur am niederländischen Kartell mitwirkte.
  • Ein weiteres Beispiel ist der Mobilfunk­markt: Es gibt in Deutschland vier öffentliche Netzbetreiber, nämlich Telekom Deutschland, Vodafone, Telefónica Germany (mit den Marken O2 und ehemals E-Plus) und seit 2023 1&1, denen Millionen von Mobilfunknutzern gegenüberstehen. Allerdings werden die Leistungen der Netzbetreiber auch von vielen anderen Telekommunikationsfirmen als Reseller unter deren Namen vertrieben (Mobilfunkdiscounter).
  • Die europäische Mineralölwirtschaft wird von den „Großen Fünf“ BP/Aral, Esso (Exxon), Jet (ConocoPhillips), Shell und Total beherrscht, was sowohl die Produktion wie den Vertrieb von Kraftstoffen betrifft. Diesem Oligopol wird in Deutschland vorgeworfen, den Wettbewerb durch die Abgabe von Kraftstoffen zu überhöhten Preisen an freie Tankstellen gesetzwidrig behindert zu haben.
  • Bei Spielekonsolen kann man ein Oligopol beobachten, derzeit halten nur Nintendo, Sony und Microsoft eine relevante Marktstellung für solche Produkte inne. Microsoft verfügt dabei durch sein Quasi-Monopol bei PC-Betriebssystemen auch noch über eine marktbeherrschende Stellung im Videospielmarkt für PC-Spiele.
  • Der südkoreanische Filmmarkt wird als Oligopol beschrieben. Wenige vertikal integrierte Unternehmen dominieren den Filmmarkt. Die vier Unternehmen CJ ENM, Lotte Cultureworks, Showbox und Next Entertainment World teilen die Filmdistribution unter sich auf, während CJ CGV, die Kinokette Lotte Cinema und Megabox den Kinomarkt beherrschen. CJ und Lotte gehören zu den größten südkoreanischen Konglomeraten. CJ ENM und CJ CGV sind Tochterunternehmen des gleichen Konzern. Lotte Cultureworks betreibt das Distributionslabel Lotte Entertainment und die Kinokette Lotte Cinema. Diese Unternehmen decken von Produktion über Distribution bis zur Zurschaustellung der Werke in den Kinos die gesamte Wertschöpfungskette der Filmindustrie ab. Die Produktionsgesellschaft Showbox und die Kinokette Megabox gehen beide auf den Konzern Orion zurück. Next Entertainment World stieg als unabhängiges Unternehmen in die Filmproduktion ein, steuert aber eine zunehmende Integration an durch die Gründung der Multiplex-Kette Cine Q.
  • Der Markt für Feuerwehrfahrzeuge in Deutschland wird von den vier Unternehmen Magirus, Rosenbauer (mit Metz Aerials), Schlingmann und Ziegler mit einem Marktanteil von zusammen rund 90 % (Stand 2011) beherrscht. Im Teilmarkt für Hubrettungsfahrzeuge besteht sogar ein Duopol, in dem Magirus und Rosenbauer-Metz einen Marktanteil von fast 100 % (Stand 2011) erreichen. Diese Marktsituation begünstigte die Bildung des Feuerwehrfahrzeuge-Kartells, das 2011 aufgedeckt und aufgelöst wurde.
  • Der weltweite Cloudmarkt wird von wenigen Konzernen dominiert. Die drei größten Plattformen, Amazon Web Services, Google Cloud Platform und Microsoft Azure, haben in Europa zusammengenommen 72 % Marktanteil, gemessen in Einnahmen. Weltweit gesehen ist ihr Anteil etwas geringer und liegt bei 66 %.
  • Der Markt für wissenschaftliche Publikationen wurde von wenigen großen Verlagshäusern dominiert, die die Preise für Zeitschriftenabonnements bestimmen konnten.

Siehe auch

Literatur

  • Sebastian Krispin: Industrieökonomische Analyse strategischer Unternehmensentscheidungen im Oligopol. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2019, ISBN 978-3-3391-1144-9.
  • Ludger Steckelbach: Wirkungen wettbewerbspolitischer Regulierungen auf oligopolistischen Märkten. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2002, ISBN 978-3-8300-0594-0.
  • Hal R. Varian: Grundzüge der Mikroökonomik. De Gruyter Oldenbourg, 2016, ISBN 978-3-1104-4093-5.

wikipedia, wiki, enzyklopädie, buch, bibliothek, artikel, lesen, kostenlos herunterladen, Informationen über Oligopol, Was ist Oligopol? Was bedeutet Oligopol?