Otto Nathanael Baumgarten (* 24. August 1745 in Berlin; † 2. November 1802 ebenda) war ein preußischer Jurist und Autor.
Leben
Herkunft und Familie
Otto Nathanael entstammte der angesehenen Berliner Familie Baumgarten, die eng mit dem lutherischen Kirchenwesen verbunden war. Sein Vater Nathanael Baumgarten (* 21. April 1717 in Berlin; † 14. Juni 1762 ebenda) war der Sohn des Berliner Pfarrers Jacob Baumgarten (* 30. August 1668 in Wolmirstedt; † 29. Juni 1722 in Berlin) und durchlief eine klassische theologische Ausbildung. Nach dem Besuch der renommierten Schule Graues Kloster in Berlin ab April 1727 immatrikulierte er sich am 1. Juni 1731 an der Universität Halle. Ab 1749 wirkte er als erster lutherischer Prediger an der Dorotheenstädtischen Kirche und stieg zum Superintendenten auf. Von 1751 bis zu seinem Tod 1762 bekleidete er zusätzlich das Amt des Oberkonsistorialrats und war Beichtvater der Königin Elisabeth Christine und der Prinzessin Wilhelmine von Preußen.
Die Mutter, Charlotte Christiane († nach 1769), war die Tochter des Geheimrats Andreas Friedrich von Pawlowsky (1713–1773), wodurch Otto Nathanael auch Verbindungen zu höheren Verwaltungskreisen besaß.
Sein Ur-Großvater mütterlicherseits war der Geheime Kriegs- und Domänenrat Carl Gottfried Bastineller.
Besonders bedeutsam waren seine Onkel: Siegmund Jakob Baumgarten und Alexander Gottlieb Baumgarten, beide prominente Gelehrte ihrer Zeit. Der spätere Jurist Carl Gottlieb Baumgarten war sein Cousin. Diese familiären Verbindungen schufen ein intellektuelles Umfeld, das seine spätere Karriere begünstigte.
Im Juli 1773 heiratete Otto Nathanael Baumgarten Sophie Charlotte, die Tochter des Kaufmanns Friedrich Krüger. Die Ehe blieb über fast drei Jahrzehnte bestehen, und das Paar hatte eine Tochter namens Ulrike, die später einen Angehörigen der Familie Quandt heiratete. Seine Ehefrau Sophie Charlotte überlebte ihn um zwölf Jahre und verstarb am 18. November 1814 in Leipzig.
Er wurde am 6. November 1802 im Familiengewölbe auf dem alten Kirchhof der Nikolaikirche in Berlin beigesetzt.
Ausbildung und frühe Förderung
Nach dem frühen Tod seines Vaters 1762, als Otto Nathanael erst 17 Jahre alt war, gestaltete sich seine weitere Ausbildung zunächst schwierig. Es existieren keine konkreten Hinweise auf seine Schulbildung. Ein Gesuch seiner verwitweten Mutter aus dem Jahr 1763, den Sohn in Göttingen unter Aufsicht von Verwandten studieren zu lassen, wurde vom König Friedrich II. abgelehnt. Diese königliche Entscheidung zwang die Familie zu alternativen Bildungswegen.
Trotzdem gelang es Baumgarten, seine akademische Ausbildung an der Universität Halle zu absolvieren, wo bereits sein Vater studiert hatte. Er schloss sein Studium der Philologie und der Rechtswissenschaften zu Ostern 1767 erfolgreich ab und war damit bereit für den Eintritt in den preußischen Justizdienst.
Juristische Laufbahn
Unmittelbar nach Abschluss seines Studiums bat Baumgarten am 3. Mai 1767 um Ansetzung als Referendar beim Berliner Kammergericht, dem höchsten Gericht der preußischen Gerichtsbarkeit. Seine erste Prüfung absolvierte er mit sehr gutem Erfolg, was ihm bereits früh die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten einbrachte. Mit königlichem Reskript vom 6. August 1767 wurde er offiziell als Referendar angenommen. Bereits am 15. Dezember 1767 erhielt er auf sein Gesuch die venia aetatis, die vorzeitige Volljährigkeit, die ihm erlaubte, trotz seines jungen Alters vollständig geschäftsfähig zu handeln.
Den Höhepunkt seiner Ausbildung bildete das große Examen am 5. Januar 1769, das im Beisein des Prinzen von Preußen, Friedrich Wilhelm II., stattfand. Der Bericht der Prüfungskommission fiel außerordentlich positiv aus. Die Kommission stellte fest, dass er "mit Nutzen Mitglied eines Landeskollegiums werden" könne. Folgerichtig wurde er bereits am 1. Februar 1769, im Alter von nur 23 Jahren, zum Kammergerichtsrat ernannt und rückte für den verstorbenen Wilhelm Irwing († 1768) nach.
Im Juli 1780 erfolgte eine entscheidende Wende in Baumgartens Karriere: Er wurde von der regulären Arbeit im Kammergericht dispensiert und übernahm unter der direkten Leitung des Großkanzlers Johann Heinrich von Carmer die Bearbeitung der Generalia in Justizsachen (siehe Ostpreußische Regierung (Justizbehörde)). Im Jahr 1780 war das preußische Rechtssystem noch stark von den absolutistischen Vorstellungen Friedrichs des Großen geprägt. In dieser Zeit begann Preußen, sich von der willkürlichen Justiz hin zu einem systematischeren und geregelten Rechtswesen zu entwickeln. Diese Position machte ihn zu einem der wichtigsten Beamten für grundsätzliche und übergreifende Rechtsfragen im preußischen Staat. Weitere Bearbeiter, die von Heinrich von Carmer ausgewählt wurden, waren der Oberamts-Regierungsrat Carl Gottlieb Svarez, der schlesische Generalfiskal Friedrich Wilhelm Pachaly (1742–1804), Friedrich Nathanel Volkmar (1750–1794), der Geheimen Oberrevisions- und Kammergerichtsrat Friedrich Leopold von Kircheisen, der Stadtgerichtsassessor und Assistenzrat bei der Oberamtsregierung in Breslau Ernst Ferdinand Klein und der Kammergerichtsrat Christoph Goßler (1752–1817).
Von 1782 bis 1790 stand Baumgarten zusammen mit Christoph Goßler einer heiklen Untersuchungskommission vor, die das Fehlverhalten des Ministers Friedrich Christoph von Goerne zu regulieren hatte. Diese achtjährige Tätigkeit erforderte nicht nur juristische Expertise, sondern auch diplomatisches Geschick, da es um hochrangige politische Angelegenheiten ging.
Am 14. Dezember 1782 erfolgte die Ernennung zum Geheimen Obertribunalrat, einem der höchsten Ränge in der preußischen Justizorganisation. Dieses Amt brachte nicht nur erhebliches Prestige mit sich, sondern auch weitreichende Befugnisse in der obersten Rechtsprechung.
Im Mai 1798 wurde Baumgarten schließlich, als Nachfolger des verstorbenen Carl Gottlieb Svarez, zum Geheimen Oberjustizrat ernannt und zugleich von der direkten Arbeit im Tribunal dispensiert, um sich ganz den Verwaltungsaufgaben widmen zu können. Nach den Konduitenlisten des Justizdepartements für das Jahr 1800 war er als Oberjustiz- und Obertribunalsrat sowie als Mitglied der Gesetz- und Immediat-Examinationskommission tätig. Er führte den Titel eines Doktors der Rechte.
Im September 1802, nach einer über 35-jährigen Karriere im preußischen Justizdienst, erhielt Baumgarten seinen Abschied. Nur wenige Wochen später, am 2. November 1802, verstarb er in Berlin im Alter von 57 Jahren.
Wissenschaftliches Werk
Neben seiner praktischen Tätigkeit verfasste Baumgarten diverse juristische Schriften, die sich mit aktuellen Rechtsfragen auseinandersetzten. Besonders hervorzuheben ist sein zweibändiges Werk Briefwechsel über die Justizreform in den Preußischen Staaten, das 1781 erschien. Diese Publikation setzte sich kritisch mit den Reformbestrebungen im preußischen Rechtswesen auseinander und zeugt von seinem Engagement für eine modernisierte und effizientere Justiz. Die Wahl der Briefform entsprach dem aufklärerischen Diskussionsstil der Epoche und ermöglichte eine lebendige Darstellung komplexer juristischer Zusammenhänge.
Seine Sammlung von Dissertationen, deren Zahl 4000 übertraf, schenkte seine Witwe der Universität Dorpat, wo die Sammlung im Frühjahr 1803 empfangen wurde.
Mitgliedschaften und gesellschaftliches Wirken
Von 1772 bis 1792 war Baumgarten Mitglied im Montagsklub, einem bedeutenden intellektuellen und gesellschaftlichen Zirkel der Berliner Aufklärung.
Er war Stifter des Bürger-Rettungs-Instituts in Berlin.
Schriften (Auswahl)
- Carl von Drontheim. Berlin, 1765 (Digitalisat).
- Brief-Wechsel über die gegenwärtige Justiz-Reform in den Preußischen Staaten, Band 1. Berlin, 1780 (Digitalisat).
- Brief-Wechsel über die gegenwärtige Justiz-Reform in den Preußischen Staaten, Band 2. Berlin, 1781 (Digitalisat).
Literatur
- Otto Nathanael Baumgarten. In: Berlinische Nachrichten vom 6. November 1802. S. 1–2 (Digitalisat).
- Otto Nathanael Baumgarten. In: Intelligenzblatt der Allgemeine Literatur-Zeitung vom 20. November 1802. S. 4 (Digitalisat).
- Otto Nathanael Baumgarten. In: Samuel Baur: Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch, 1. Band. Ulm, 1816. Sp. 80–81 (Digitalisat).
- Otto Nathanael Baumgarten. In: 500 Jahre Geschichte des Kammergerichts. Berlin, 1913. S. 163–164 (Digitalisat).
- Otto Nathanael Baumgarten. In: Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 1. München, 2005. S. 432 (Digitalisat).
- Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15 (= Historische Kommission zu Berlin [Hrsg.]: Einzelveröffentlichungen. Band 85). K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9, S. 44 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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