Piazza del Campo

Die Piazza del Campo ist der bedeutendste Platz der toskanischen Stadt Siena, deren Zentrum er bildet.

Der Platz ist für seine beeindruckende Architektur und seine halbrunde Form bekannt und das jährlich regelmäßig zweimal ausgetragene Pferderennen Palio di Siena.

Geschichte

Bereits in der Etruskerzeit erlangte das Stadtzentrum Bedeutung. Ursprünglich lag es im Gebiet des heutigen Castelvecchio, ein der Altstadt Sienas zugehöriger Stadtteil. Der „Campo“ war lediglich ein Stück Land, auf dem Regenwasser abfloss. Da aber auch die an Siena vorbeiführende Fernstraße über dieses Feld verlief und sich an der Stelle des „Campo“ mit einer anderen Straße kreuzte, entwickelte sich bald ein Marktplatz.

Der Name „Campo“ wird zum ersten Mal schriftlich 1169 erwähnt in einer Quelle, die sich mit der gesamten Talebene befasst, zu der auch die Piazza del Mercato, heute auf der anderen Seite des Palazzo Comunale, gehörte. Damals erwarb die Stadt Siena das Gelände, das von der Piazza del Mercato bis zur heutigen Logge della Mercanzia reicht. Eine Unterteilung des Geländes in die heutigen zwei Plätze wird 1193 erwähnt, sodass man davon ausgehen kann, dass in der Zwischenzeit zumindest eine Mauer erbaut wurde, die den Platz in zwei Hälften teilte; möglicherweise geschah dies, um das Wasser besser ableiten zu können.

Bis ins Jahr 1270, als die „Herrschaft der Vierundzwanzig“ (1236–1270) zu Ende ging, wurde der Platz für Messen und Märkte genutzt. Zwar hatte der Platz noch nicht das heutige Aussehen, aber er entwickelte sich allmählich zum zweiten Mittelpunkt der Stadt neben dem Dom; während dort religiöse Feste im Mittelpunkt standen, dominierten auf der Piazza del Campo der Handel und weltliche Feste. Da sich auch die städtische Obrigkeit immer unabhängiger vom Bischof (und später Erzbischof) machte, kam in der Zeit der Regierung „dei Nove“ (Herrschaft der Neun) (1289–1355) der Bedarf nach einem eigenen Rathaus auf.

Die Piazza del Campo ist einer der eindrucksvollsten kommunalen Plätze Italiens. Im Gegensatz zum Markusplatz in Venedig und zur Piazza dei Miracoli in Pisa, trägt er keine Kirche, ist ein rein politisches Zentrum. Zeugnis davon legt auch die Kunst in den Innenräumen des Rathauses ab. Zum Palazzo Pubblico hin, der das Rathaus der Stadt beherbergt, fällt das Gelände deutlich ab. Dass für administrative Zwecke ausgerechnet diese auffallend tief liegende Position gewählt wurde, erklärt sich – im Gegensatz zu den Gepflogenheiten anderer Städte – aus dem Bedürfnis, eine neutrale Lage zwischen den Hügeln von Siena einzunehmen. Das hatte andererseits zur Folge, dass der Turm sehr hoch gebaut werden musste, damit die Stadt von oben noch überblickt werden konnte.

Mit dem Bau des Palazzo Comunale wurde der entscheidende Impuls für die architektonische Gestaltung des Platzes gegeben. In den Jahren 1327–1349 erhielt er eine Pflasterung, wobei auch heute noch die Einteilung in neun Segmente an die einstige „Herrschaft der Neun“ erinnert. Die „Skyline“ des Platzes ist allerdings nicht spontan in einem Stück entstanden. Erst mit den Jahren sorgte die Stadtverwaltung durch entsprechende Gesetze dafür, dass die Fassadengestaltung einheitlich gehandhabt wurde. So wurde etwa eine Peter- und Paul-Kirche abgerissen; heute erinnern die Gassen Vicoli di San Pietro e di San Paolo an den einstigen Bestand.

Nach 1861 wurden, wie auch an anderen Gebäuden in der Altstadt von Siena, Gebäude an der Piazza von ihren barocken Fassaden „befreit“, um dem ursprünglichen, d. h. mittelalterlichen Erscheinungsbild wieder zur Geltung zu verhelfen.

Seit etwa 2017 gehören fünfzehn der zwanzig Gebäude, die den Platz begrenzen, Igor Bidilo, einem Investor aus Kasachstan.

Fonte Gaia

Auf der höheren Seite des Campo steht der Fonte Gaia, den Jacopo della Quercia von 1409 bis 1419 geschaffen hat. ‚Brunnen der Freude’ heißt er, weil es 1342 zum ersten Mal gelungen war, mithilfe einer 25 km langen Leitung Wasser in die Stadt fließen zu lassen. Der ewige Wassermangel war in der Bergstadt Siena ein großes Problem, besonders in den Sommermonaten. Stilistisch hat della Quercia in den Figuren dieses Brunnens etwas Ähnliches erreicht wie die Sieneser Malerei, nämlich einen Ausgleich zwischen der klassischen Tradition und gotischem Schwung.

Die Figuren des Brunnens sind zwar seit 1858 durch Nachbildungen von Tito Sarrocchi ersetzt, aber trotzdem haben wir hier ein wichtiges Dokument für die Entwicklung der frühen Renaissance-Plastik vor uns. Zur damaligen Zeit, 1409, hatte man angefangen, sich zunehmend für die antike Vergangenheit zu interessieren und dabei natürlich besonders für die Geschichte Roms. Jacopo della Quercia war von der Stadt Siena deshalb beauftragt worden, in diesem Brunnen die angebliche römische Abstammung der Stadt als Gründung der Söhne des Remus und ihre darauf beruhenden Tugenden zu dokumentieren. Die Originalteile des Brunnens sind heute im Museum von Santa Maria della Scala im Raum Fienile zu betrachten.

Gebäude

Palazzo Comunale

Mit dem Bau des Gebäudes der Stadtverwaltung wurde 1297 begonnen. Ursprünglich hatte der Palazzo lediglich drei Stockwerke; später erfolgten weitere Anbauten. Vor allem aber kam im Laufe des 14. Jahrhunderts mit dem Torre del Mangia der 102 Meter hohe Turm hinzu, der das Stadtbild von Siena prägt. Der Name leitet sich von dem Spitznamen Mangiaguadagni (Gewinnfresser) des ersten Glöckners ab.

Cappella di Piazza

Vor dem Eingang zum Palazzo Pubblico wurde als Dank für die überstandene Pest 1352 – also noch in der Gotik – eine kleine Kapelle, die Cappella di Piazza, die Platzkapelle errichtet, die über 100 Jahre später (1463) mit einer Renaissance-Dekoration ihre heutige Gestalt erhielt. Beides passt aber so gut zusammen, dass der Eindruck entsteht, beides sei gleichzeitig geschaffen worden. Die Dachkonstruktion stammt von Antonio Federighi und entstand in den 1460er Jahren. Die zentraleuropäische Gotik wurde in Italien im 13. und besonders im 14. Jahrhundert in stark veränderter – und der italienischen Tradition angepassten Form – übernommen. Später, im 15. Jahrhundert, konnte die Renaissance auf jahrhundertealten Phasen aufbauen. Beides widersprach sich hier in Italien nicht so wie in Frankreich oder Deutschland. An der Kapelle ist in der Zeit der Gotik noch der romanische Rundbogen statt des stilprägenden Spitzbogens verwandt worden. Als der Rundbogen zu Zeiten der Renaissance wieder zur Norm wurde, musste an sich nichts geändert werden.

Das Pferderennen

Auf dem Platz wird zweimal im Jahr, am 2. Juli und am 16. August, ein Pferderennen („Palio di Siena“) ausgetragen.

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