Internationales Einheitensystem

Das Internationale Einheitensystem oder SI (französisch Système international d’unités) ist als Einheitensystem für physikalische Größen weltweit verbreitet. Die durch das SI definierten Maßeinheiten nennt man SI-Einheiten. Das SI besteht seit 1960 und basiert auf dem metrischen System, das 1793 in Frankreich eingeführt wurde. Im Laufe der Jahre wurde es kontinuierlich erweitert und perfektioniert.

SI-Einheiten

Der Begriff „SI-Einheit“ umfasst alle im SI definierten Einheiten: die Basiseinheiten und die abgeleiteten Einheiten, ohne und mit SI-Präfix.

Grundsätze

  • Stabilität: Alle SI-Einheiten sind über sieben physikalische Konstanten definiert.
  • Eindeutigkeit: Jeder physikalischen Größe ist eine Einheit zugeordnet, und diese kann nur auf eine Weise von den sieben definierenden Konstanten (bis 2018: von sieben Basiseinheiten) abgeleitet werden.
  • Dezimale Struktur: Aus jeder Grundeinheit können durch Präfixe (Vorsätze) kleinere und größere Einheiten gebildet werden. Diese Bruchteile und Vielfache sind ganzzahlige Zehnerpotenzen.
  • Effiziente Nomenklatur: Für jede physikalische Größe gibt es maximal einen speziellen Einheitennamen, darüber hinaus verwendet man nur Präfixe. Die Vergabe weiterer Namen wird sehr restriktiv gehandhabt.
  • Kohärenz: Alle SI-Einheiten mit eigenen Namen lassen sich ineinander umrechnen, ohne dass zusätzliche numerische Faktoren auftreten. Beispiele:
1 Pa = 1 N/m2
1 J = 1 N·m = 1 C·V = 1 W·s
1 Ω = 1 V/A = 1 S−1

Basisgrößen und Basiseinheiten

Basisgröße und
Dimensionsname
Größen-
symbol
Dimensions-
symbol
Einheit Einheiten-
zeichen
Zeit t T Sekunde s
Länge l L Meter m
Masse m M Kilogramm kg
Elektrische Stromstärke I I Ampere A
Thermodynamische
Temperatur
T Θ Kelvin K
Stoffmenge n N Mol mol
Lichtstärke Iv J Candela cd

Die sieben Einheiten „Sekunde“ (s), „Meter“ (m), „Kilogramm“ (kg), „Ampere“ (A), „Kelvin“ (K), „Mol“ (mol) und „Candela“ (cd) wurden im SI in dieser Reihenfolge als Basiseinheiten festgelegt, passend zu den entsprechenden Basisgrößen des zu Grunde liegenden Internationalen Größensystems (ISQ). Jede Größe kann eindeutig als Kombination der Basisgrößen ausgedrückt werden, aber definitionsgemäß kann keine Basisgröße von den anderen abgeleitet werden. Analog dazu können alle SI-Einheiten auf genau eine Weise durch die Basiseinheiten ausgedrückt werden. Die Basisgrößen und ‑einheiten wurden nach praktischen Gesichtspunkten ausgewählt. Bis zur Reform von 2019 basierte das SI auf den Definitionen dieser sieben Basiseinheiten.

Abgeleitete Größen und Einheiten

Die physikalischen Größen, die nicht Basisgrößen sind, nennt man abgeleitete Größen. Jeder Basisgröße ist eine Dimension mit demselben Namen zugeordnet; beispielsweise gehört zur Basisgröße „Länge“ (l) die Dimension „Länge“ (L). Die Dimension jeder abgeleiteten Größe Q (für engl. quantity) ist ein eindeutig definiertes Potenzprodukt der Dimensionen der sieben Basisgrößen:

dim QTα · Lβ · Mγ · Iδ · Θε · Nζ · Jη

Jeder der Dimensionsexponenten α, β, γ, δ, ε, ζ und η ist entweder Null oder eine positive oder negative, im Allgemeinenganze Zahl. Der Betrag des Exponenten liegt in der Regel zwischen 0 und 4.

Entsprechend können die zugehörigen abgeleiteten SI-Einheiten als Produkt aus einem numerischen Faktor k und dem Potenzprodukt der Basiseinheiten ausgedrückt werden:

[Q] = k · sα · mβ · kgγ · Aδ · Kε · molζ · cdη

„[Q]“ stellt dabei symbolisch den Ausdruck „die Einheit der Größe Q“ dar. Wie im Folgenden erklärt, ist das SI so konstruiert, dass k immer eine ganzzahlige Zehnerpotenz ist.

Ist der numerische Faktor k gleich eins, so liegt eine kohärente SI-Einheit vor. Da jede physikalische Größe im SI eine eindeutig definierte Dimension hat, hat sie genau eine kohärente SI-Einheit. Beispiel:

  • Meter pro Sekunde (m/s) ist die kohärente SI-Einheit der abgeleiteten Größe „Geschwindigkeit“.

Unterschiedliche physikalische Größen mit derselben Dimension haben auch dieselbe kohärente Einheit. Beispiele:

Siehe auch: Liste physikalischer Größen (mit zugehörigen SI-Einheiten)

Abgeleitete Einheiten mit besonderem Namen

Für 22 abgeleitete SI-Einheiten wurden eigene Namen und Einheitenzeichen (Symbole) definiert. Diese können selbst wieder mit allen Basis- und abgeleiteten Einheiten kombiniert werden. So eignet sich zum Beispiel die SI-Einheit der Kraft, das Newton, um das Joule, die Einheit der Energie, als Newton mal Meter (N·m) auszudrücken. Diese Namen dürfen aber nur für jeweils die zugeordneten Größen verwendet werden, nicht für andere Größen derselben Dimension. Zum Beispiel wird das Drehmoment in Newton mal Meter (Newtonmeter) angegeben, nicht aber in Joule. Alle diese Einheiten, mit Ausnahme des Grad Celsius, sind kohärent, es werden also keine Umrechnungsfaktoren benötigt.

Größe a) Einheit Einheiten-
zeichen
in anderen
SI-Einheiten
ausgedrückt
in SI-Basis-
Einheiten
ausgedrückt a)
ebener Winkel Radiant b) rad m/m 1
Raumwinkel Steradiant b) sr m2/m2 1
Frequenz Hertz Hz s−1
Kraft Newton N J/m kg · m · s−2
Druck Pascal Pa N/m2 kg · m−1· s−2
Energie, Arbeit, Wärme Joule J N · m; W · s kg · m2· s−2
Leistung Watt W J/s; V · A kg · m2· s−3
elektrische Ladung Coulomb C A · s
elektrische Spannung Volt V W/A; J/C kg · m2· s−3· A−1
elektrische Kapazität Farad F C/V kg−1· m−2· s4· A2
elektrischer Widerstand Ohm Ω V/A kg · m2· s−3· A−2
elektrischer Leitwert Siemens S A/V kg−1· m−2· s3· A2
magnetischer Fluss Weber Wb V · s kg · m2· s−2· A−1
magnetische Flussdichte Tesla T Wb/m2 kg · s−2· A−1
Induktivität Henry H Wb/A kg · m2· s−2· A−2
Celsius-Temperatur c) Grad Celsius °C K
Lichtstrom Lumen lm cd · sr b) cd
Beleuchtungsstärke Lux lx lm/m2 cd · m−2
Radioaktivität Becquerel Bq s−1
Energiedosis Gray Gy J/kg m2· s−2
Äquivalentdosis Sievert Sv J/kg m2· s−2
katalytische Aktivität Katal kat mol · s−1
a) 
Reihenfolge gemäß der SI-Broschüre
b) 
Radiant (rad) und Steradiant (sr) werden üblicherweise statt der Einheit 1 für den ebenen Winkel bzw. den Raumwinkel verwendet, um die Bedeutung des dazugehörigen Zahlenwertes hervorzuheben.
c) 
Die Celsius-Temperatur t ist als die Differenz t = T−T0 zwischen den beiden thermodynamischen Temperaturen T und T0 definiert, wobei T0 = 273,15 K ist.

Präfixe

Aus praktischen Gründen bietet das SI zu allen Größen weitere Einheiten an, die sich von den kohärenten Einheiten um Zehnerpotenzen mit ganzzahligem Exponenten unterscheiden. Sie werden durch Präfixe wie Kilo- oder Zenti- bezeichnet. Beispiele:

1 Megawatt (MW) = 1 000 000 W
1 Kilojoule (kJ) = 1 000 J
1 Zentimeter (cm) = 0,01 m
1 Nanosekunde (ns) = 0,000 000 001 s

Die Masse ist ein Sonderfall: Die Präfixe werden vor das Gramm gesetzt, aber die kohärente Einheit ist das Kilogramm.

Definition der Einheiten

Bis 2018: Separat definierte Basiseinheiten

Bis 2018 hatte jede der sieben Basiseinheiten ihre eigene Definition: „Die Basiseinheit X ist …“ Davon wurden alle anderen Einheiten abgeleitet. Diese Definitionen wurden mit dem fortschreitenden Stand der Messtechnik sowie nach revidierten prinzipiellen Überlegungen mehrfach geändert. So wurde zum Beispiel der Meter ab 1889 anhand eines Prototyps („Urmeter“) und ab 1960 anhand einer speziellen Lichtwellenlänge definiert. Mit der Definition war dadurch zugleich die Realisierung vorgegeben, wobei einige Realisierungen von anderen Basiseinheiten abhingen (z. B. war die Temperatur vorgegeben, bei der die Länge des Meterprototypen gemessen werden sollte). Wenn besser geeignete Verfahren zur Realisierung entwickelt wurden, musste für deren Verwendung die Definition der entsprechenden Basiseinheit geändert werden.

Seit 2019: Definition über physikalische Konstanten

Konstante exakter Wert seit
ΔνCs Strahlung des Caesium-Atoms 9 192 631 770 Hz 1967
c Licht­geschwindigkeit 299 792 458 m/s 1983
h Planck-Konstante 6.62607015e-34 J·s 2019
e Elementarladung 1.602176634e-19 C 2019
kB Boltzmann-Konstante 1.380649e-23 J/K 2019
NA Avogadro-Konstante 6.02214076e23 mol−1 2019
Kcd Photometrisches Strahlungs­äquivalent* 683 lm/W 1979
* für mono­chroma­tische Strahlung der Frequenz 540 THz (grünes Licht)

Im November 2018 beschloss die 26. Generalkonferenz für Maß und Gewicht eine grundlegende Revision, die am 20. Mai 2019, dem Weltmetrologietag, in Kraft trat: Nachdem zuvor schon zwei Basiseinheiten (s, m) vollständig dadurch definiert gewesen waren, dass man physikalischen Konstanten einen festen Wert zugewiesen hatte, bekamen nun weitere vier Konstanten feste Werte. Seitdem ist keine SI-Einheit mehr von Artefakten oder Werkstoffeigenschaften abhängig, und für alle Basiseinheiten, mit Ausnahme der Sekunde, ist die Definition unabhängig von der Realisierung.

Einheit Definierende Gleichung in Verbindung mit
explizit implizit
Sekunde ΔνCs =  9 192 631 770
Meter c = 299 792 458 s ΔνCs
Kilogramm h = 6.62607015e-34 s, m ΔνCs, c
Ampere e = 1.602176634e-19 A s s ΔνCs
Kelvin kB = 1.380649e-23 s, m, kg ΔνCs, h
Mol NA = 6.02214076e23
Candela Kcd = 683 s, m, kg ΔνCs, h

Zugleich wurde das Grundprinzip geändert (Paradigmenwechsel). Seit der Reform lauten die sieben grundlegenden Definitionen jeweils sinngemäß: „Die Konstante X hat den Zahlenwert Y, wenn man sie in kohärenten SI-Einheiten ausdrückt.“ Hieraus können alle SI-Einheiten gleichermaßen abgeleitet werden; es gibt keinen prinzipiellen Unterschied mehr zwischen Basiseinheiten und abgeleiteten Einheiten. Der Begriff „Basiseinheit“ wird jedoch weiterhin verwendet, da es sich als nützlich erwiesen hat, einheitlich dieselben Dimensionen und deren kohärente Einheiten zu verwenden. Die nebenstehende Graphik mit Tabelle gibt an, wie sich diese sieben Einheiten von den sieben definierenden Konstanten ableiten lassen.

Schreibweisen

Die SI-Broschüre nennt auch Regeln zur Formatierung und Schreibweise von Zahlen, Einheiten und Größen. Einige dieser Regeln wurden von der CGPM beschlossen, andere wurden von der ISO und anderen Organisationen erarbeitet und haben sich als Standard etabliert.

Schreibweise von Zahlen

Das SI lässt zu, dass Zahlen in Gruppen von je drei Ziffern aufgeteilt werden, wobei die Gruppen nicht durch Punkte oder durch Kommata getrennt werden. Als Dezimaltrennzeichen sind sowohl das Komma als auch der Punkt zugelassen; genormt ist im deutschsprachigen Raum allein das Komma.

Schreibweise von Einheiten

Für die Namen der Einheiten sind je nach Sprache unterschiedliche Schreibweisen möglich (Beispiel: dt. Sekunde, engl. second, frz. seconde). Die Einheitennamen unterliegen außerdem der normalen Flexion der jeweiligen Sprache.

Die Zeichen der Einheiten sind international einheitlich. Unabhängig vom Format des umgebenden Textes sind sie in aufrechter Schrift zu schreiben. Groß- und Kleinschreibung sind vorgegeben und können bedeutungsunterscheidend sein (Beispiel: „s“ = Sekunde, „S“ = Siemens). Symbole von Einheiten, die nach einer Person benannt sind, und nur diese, beginnen mit einem Großbuchstaben. Eine Ausnahme ist die Nicht-SI-Einheit Liter: Neben dem klein geschriebenen „l“ darf auch das groß geschriebene „L“ verwendet werden, um Verwechslungen mit der Ziffer „Eins“ zu vermeiden.

Die SI-Präfixe werden unmittelbar vor das Einheitenzeichen der kohärenten Einheit gestellt. Eine Ausnahme bildet das Kilogramm (kg), das nur vom Gramm (g) ausgehend mit SI-Präfixen verwendet werden darf. Beispielsweise muss es für 10−6 kg „mg“ und nicht „μkg“ heißen.

Bei Einheiten, die sich durch Multiplikation aus anderen Einheiten ergeben, steht zwischen den Faktoren ein Leerzeichen oder ein Multiplikationspunkt (Beispiel Newtonmeter: „N m“ oder „N·m“). Diese Regel wird aber nicht immer eingehalten; wo keine Verwechselung zu befürchten ist, findet man auch einfache Zusammenschreibung („Nm“).

Hinweise auf bestimmte Sachverhalte sollen nicht an Einheitenzeichen angebracht werden; sie gehören zum Formelzeichen der verwendeten physikalischen Größe oder in erläuternden Text. Falsch wäre demnach Veff als „Einheit“ von Effektivwerten der elektrischen Spannung; korrekt ist die Angabe einer „Effektivspannung“ Ueff in V.

Schreibweise von Größen

Größensymbole (Formelzeichen) können frei gewählt werden – allgemein übliche Formelzeichen wie l, m oder t stellen lediglich Empfehlungen dar. Sie sind in kursiver Schrift zu schreiben. Die Dimensionssymbole der Basisgrößen werden hingegen als aufrecht stehender Großbuchstabe in serifenloser Schrift geschrieben.

Zwischen Zahlenwert und Einheitenzeichen steht kein Multiplikationszeichen, aber ein Leerzeichen – das gilt auch bei Prozent und Grad Celsius. Einzig die Einheitenzeichen °, ′ und ″ für die Nicht-SI-Winkeleinheiten Grad, Minute und Sekunde werden direkt nach dem Zahlenwert ohne Zwischenraum gesetzt. Größenangaben werden wie mathematische Produkte behandelt und unterliegen den Regeln der Multiplikation. Daher kann man z. B. statt „p = 48 kPa“ auch „p/kPa = 48“ schreiben.

Name und Symbol einer physikalischen Größe sollen keinen Bezug zu einer bestimmten Einheit herstellen. Bezeichnungen wie „Literleistung“ sind zu vermeiden.

Verbreitung und Verwendung

Das SI ist in der ganzen Welt verbreitet. In den meisten Ländern ist sein Gebrauch für den amtlichen und geschäftlichen Verkehr gesetzlich vorgeschrieben. Ausnahme sind insbesondere die USA, wo das SI zwar gilt, im amtlichen und geschäftlichen Verkehr aber auch das angloamerikanische Maßsystem (customary units) zugelassen ist.

Neben den SI-Einheiten werden oft weitere Einheiten verwendet, die keine SI-Einheiten sind. Das Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIPM) definiert selbst eine Reihe von Einheiten, die „zur Verwendung mit dem SI zugelassen“ sind, z. B. Hektar, Liter, Minute, Stunde und Winkelgrad. Darüber hinaus gibt es landesspezifisch weitere gesetzlich zugelassene Einheiten, meist für spezielle Zwecke. In der Europäischen Union und der Schweiz sind dies z. B. Tex und Dioptrie.

In einigen Bereichen sind vom SI abweichende Einheiten gebräuchlich und meist auch amtlich zugelassen: In der Schiff- und Luftfahrt werden nicht-SI-konforme Einheiten für Flughöhe (Fuß), Entfernungen (Seemeile) und Geschwindigkeiten (Knoten) verwendet. In Teilgebieten der Physik sind unterschiedliche natürliche Einheiten gebräuchlich, in der Elektrodynamik teilweise noch das Gauß’sche CGS-System.

Zuständigkeiten und Normen

Internationale Regelungen

Für internationale Regelungen zum SI sind das Internationale Büro für Maß und Gewicht (Bureau International des Poids et Mesures, BIPM) und dessen Generalkonferenz für Maß und Gewicht (Conférence Générale des Poids et Mesures, CGPM) zuständig. Als Referenz-Regelwerk gilt die vom BIPM auf Französisch und Englisch publizierte Broschüre Le Système international d’unités – deutsch kurz als „die SI-Broschüre“ bezeichnet. Die 9. Auflage der SI-Broschüre erschien 2019.

Nationale Umsetzung

Für die nationale Umsetzung des SI sind meist die metrologischen Staatsinstitute zuständig. Dies sind zum Beispiel

Normen

Die Inhalte des SI sind in internationalen und nationalen Normen enthalten:

  • ISO/IEC 80000, gemeinsame Norm von ISO und IEC, national übernommen als
    • DIN EN ISO 80000-X (Deutschland) (X = 1…13)
    • ÖNORM EN ISO 80000-X (Österreich)
    • SN EN ISO 80000-X (Schweiz)
  • DIN 1301

Gesetzliche Regelungen

Eine Anwendungspflicht des SI entsteht erst durch Gesetze oder Rechtsprechung einzelner Staaten.

Gesetze, die die Einführung des SI regelten, traten 1970 in der Bundesrepublik Deutschland (Einheiten- und Zeitgesetz), 1973 in Österreich (Maß- und Eichgesetz), 1974 in der DDR (Verordnung über die physikalisch-technischen Einheiten bereits 1967) und 1978 in der Schweiz in Kraft; 1978 waren alle Übergangsregelungen betreffend Nicht-SI-Einheiten abgeschlossen.

In der EU ist die Verwendung von Einheiten im Bereich des gesetzlichen Messwesens unter anderem durch die Richtlinie 80/181/EWG weitgehend vereinheitlicht worden. In der Europäischen Union, der Schweiz und den meisten anderen Staaten ist die Benutzung des SI im amtlichen oder geschäftlichen Verkehr gesetzlich vorgeschrieben. Mit der Richtlinie 2009/3/EG wurde die Verwendung von zusätzlichen Einheiten in der EU unbefristet erlaubt (durch vorhergehende Richtlinien war dies ursprünglich nur bis zum 31. Dezember 2009 möglich). Dies wird hauptsächlich damit begründet, Exporte von Waren in Drittländer nicht zu behindern.

Geschichte

Entstehung des metrischen Systems

Das SI geht auf das metrische System zurück. Im Jahr 1790 erhielt die französische Akademie der Wissenschaften von der französischen Nationalversammlung den Auftrag, ein einheitliches System von Maßen und Gewichten zu entwerfen. Gemäß den Idealen der französischen Revolution sollte es universell gelten „à tous les temps, à tous les peuples“ („für alle Zeiten, für alle Völker“) und nach rationalen Gesichtspunkten gestaltet werden. Die Einheiten wurden aus naturgegebenen Größen abgeleitet, außerdem wurde weitgehend eine dezimale Struktur mit systematischer Namensgebung durch Präfixe geschaffen. Am 1. August 1793 wurde das System offiziell eingeführt, mit dem Meter als zehnmillionstem Teil des Erdmeridianquadranten und dem grave (später: „Kilogramm“) als Gewicht (später als Masse) von 1 dm3 reinem Wasser bei maximaler Dichte (ca. 4 °C). Die dezimale Zeiteinteilung konnte sich nicht durchsetzen. Dieses System wurde im 19. und 20. Jahrhundert von mehr und mehr Staaten übernommen. Im Jahr 1875 unterzeichneten 17 Staaten die Meterkonvention, mit der das Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIPM) gegründet wurde, die erste internationale wissenschaftliche Einrichtung überhaupt. Auf der ersten Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) wurden 1889 die angefertigten Urmaße für den Meter und das Kilogramm anerkannt.

Entwicklung elektromagnetischer Maßeinheiten

Ab 1832 entwickelten Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber ein System elektromagnetischer Größen, basierend auf den drei Basisgrößen der Mechanik – Länge, Masse und Zeit – mit zum Teil halbzahligen Exponenten und den Basiseinheiten mm, mg und s. Das System wurde von der British Association for the Advancement of Science (BAAS) übernommen mit den Basiseinheiten cm, g, s (CGS). Zusätzlich führte man Einheiten mit „handlicher“ Größenordnung ein, die dezimale Vielfache der Grundeinheiten waren, insbesondere das Volt als 108 und das Ohm als 109elektromagnetische CGS-Einheiten. Auf dem ersten internationalen Elektrizitätskongress 1881 wurden diese Definitionen übernommen und Namen für weitere abgeleitete Einheiten festgelegt, wobei das Prinzip der Homogenität streng eingehalten wurde. Die Realisierungen dieser Einheiten über Normale wurden 1894 weltweit vereinheitlicht („internationale Einheiten“).

Giovanni Giorgi zeigte 1901, dass man die mechanischen und elektrischen Einheiten zu einem kohärenten System mit ganzzahligen Exponenten zusammenführen konnte, indem man eine vierte Basisgröße hinzufügte und die Gleichungen der Elektrodynamik umformulierte. Auf der 5. CGPM von 1913 stellte man fest, dass die bestehenden elektromagnetischen Einheiten homogen in ein System mit den Basiseinheiten m, kg, s (MKS) passen würden. Unterstützt durch die Internationale elektrotechnische Kommission (IEC) und die Internationale Union für Reine und Angewandte Physik (IUPAP) empfahl das zuständige Internationale Komitee (CIPM) das Ampere als vierte Basiseinheit.

Schaffung des SI

Die 9. CGPM von 1948 legte Regeln zur Schreibweise von Zahlen und Einheiten fest und beauftragte das CIPM, die Grundlagen für ein einheitliches, „praktisches“ MKS-Einheitensystem mit dem Ampere als vierter Basiseinheit zu erarbeiten. Dieses System wurde als streng homogenes Einheitensystem konzipiert, inhomogene dezimale metrische Einheiten wurden nicht übernommen. Als fünfte und sechste Basiseinheit kamen das Kelvin (bis 1967 noch als „Grad Kelvin“) und die Candela hinzu. Das Ergebnis wurde 1960 von der 11. CGPM mit der französischen Bezeichnung Système International d’Unités (SI) („Internationales Einheitensystem“) angenommen.

Mit dem Mol als siebter Basiseinheit wurde 1971 der Anwendungsbereich des SI auf die Chemie ausgedehnt. Für ionisierende Strahlung wurden 1975 und 1979 spezielle abgeleitete Einheiten geschaffen.

Von Artefakten und Realisierungsvorschriften zu physikalischen Definitionen

Meter und Kilogramm wurden ursprünglich über Prototypen verkörpert und die Sekunde von der als konstant angenommenen Erdrotation abgeleitet. James Clerk Maxwell schlug 1873 vor, die Einheiten von Länge, Zeit und Masse über die Wellenlänge und Periodendauer von Licht sowie die Masse von Molekülen zu definieren.Max Planck zeigte 1900, dass eine Definition durch physikalische „Constanten“ möglich ist (Planck-Einheiten).

Im Jahr 1933 beschloss man, die elektrischen Einheiten nicht mehr über Normale zu definieren, sondern über das ampèresche Gesetz an die mechanischen Einheiten zu binden („absolute Einheiten“). Die Basiseinheit Ampere wurde 1946 (auch wenn der Wortlaut ein anderer war) dadurch definiert, dass der magnetischen Feldkonstante ein fester Zahlenwert zugewiesen wurde. Die Sekunde erhielt 1967 ihre heute gültige, atomphysikalische Definition. Die Candela wurde 1979 mit dem Watt verknüpft. Der Meter wurde zunächst 1960 über die Wellenlänge von Licht neu definiert und dann 1983 dadurch, dass der Lichtgeschwindigkeit ein fester Wert zugewiesen wurde.

Auf der 24. CGPM von 2011 beschloss man, künftig alle Basiseinheiten und damit alle SI-Einheiten überhaupt auf sieben physikalische Konstanten zurückzuführen, denen feste Werte zugewiesen werden sollten. In der Folge wurden weltweit große Anstrengungen unternommen, die Zahlenwerte dieser Konstanten mit den bis zur Reform gültigen SI-Einheiten möglichst präzise zu bestimmen. Am 20. Mai 2019 trat die Reform in Kraft. Seitdem ist die Definition der Einheiten, mit Ausnahme der Sekunde, von deren Realisierung mit ihrer begrenzten Genauigkeit unabhängig („Definitionen für die Ewigkeit“).

Siehe auch

  • Zur Verwendung mit dem SI zugelassene Einheiten

Literatur

  • Das Internationale Einheitensystem (SI), Deutsche Übersetzung der SI-Broschüre des BIPM, 9. Auflage, PTB-Mitteilungen 135. Jahrgang, Heft 2, Mai 2025. doi:10.7795/310.20250299. Originalausgabe (französisch, englisch): doi:10.59161/AUEZ1291
  • Eugen Bodea: Giorgis rationales MKS-Masssystem mit Dimensionskohärenz. 2. Auflage. Birkhäuser, 1949.
  • Das System der Einheiten. In: PTB-Mitteilungen 122 (2012) Heft 1, S. 1-102. (online) (PDF; 5,8 MB)

Anmerkungen

  1. Die strikte dezimale Unterteilung war bei der Schaffung des metrischen Systems 1790 in Frankreich eine revolutionäre Neuerung. Gleiches gilt für die systematische Namensgebung durch Präfixe. Bei historisch gewachsenen Einheiten ist die Einteilung unsystematisch, und es gibt eine Vielzahl von Namen: 1 Klafter = 6 Fuß, 1 Yard = 3 Fuß = 36 Zoll, 1 US-Gallone = 128 Unzen = 231 Kubikzoll.
  2. Die photometrischen Einheiten Candela, Lumen und Lux sowie das Sievert sind keine rein physikalischen Einheiten, sondern berücksichtigen zusätzlich physiologische Aspekte. In die photometrischen Größen fließt die Empfindlichkeit des menschlichen Auges ein, die von der Wellenlänge und der Leuchtdichte abhängig ist. Die Äquivalentdosis berücksichtigt, dass die Strahlenbelastung von Teilchenart und ‑energie sowie vom betroffenen Gewebe abhängig ist.
  3. Es gibt abgeleitete Einheiten, die „direkter“, d. h. durch weniger Konstanten definiert sind als Basiseinheiten: Das Coulomb ist allein durch die Konstante e definiert, für das Ampere benötigt man zusätzlich ΔνCs. Mit dem heutigen Wissen würde man sich wohl eher für die elektrische Ladung als Basisgröße entscheiden. Für Joule und Watt sind nur h und ΔνCs erforderlich, für das Kilogramm zusätzlich c.
  4. In einigen wenigen Fällen werden Einheiten mit halb- oder drittelzahligen Exponenten verwendet. Beispiele hierfür sind der Wärmeeindringkoeffizient, der mechanische Spannungsintensitätsfaktor und die molare Grenzflächenspannung.
  5. Das Grad Celsius ist nur dann kohärent, wenn es zur Angabe von Temperaturdifferenzen verwendet wird.
  6. Bei der Entwicklung des metrischen Systems wurden auch einige inkohärente Einheiten definiert – dezimale Vielfache mit eigenen Namen wie Erg, Hektar, Bar, Tonne oder Liter. Diese wurden aber 1960 nicht in das SI übernommen.
  7. Die Größe ΔνCs ist keine fundamentale Naturkonstante. Sie ist die Frequenz der Strahlung, die beim Übergang zwischen zwei speziellen Energieniveaus des Caesium-133-Atoms emittiert wird. Die Realisierung der Sekunde muss daher über diesen Vorgang erfolgen. Mittlerweile sind Atomuhren entwickelt worden, die auf anderen Atomen beruhen und noch größere Präzision ermöglichen. Es ist vorgesehen, 2030 die Sekunde neu zu definieren (Resolution 5 der 27. CGPM von 2022).
  8. Bereits vor 2019 dienten die drei Konstanten ΔνCs, c und Kcd zur Definition der SI-Einheiten. Hinzu kamen μ0 (magnetische Feldkonstante), TTPW (Tripelpunkt des Wassers), mC12 (Masse des 12C-Atoms) sowie als einziges Artefakt der internationale Kilogrammprototyp. Hierbei ist c eine fundamentale Naturkonstante. Nimmt man ΔνCs hinzu, weil das 133Cs-Atom ein „elementares“ System ist, so kann man sagen, dass vor 2019 die Basiseinheiten Sekunde und Meter und nur diese vollständig durch Naturkonstanten definiert waren. Zwar ist auch μ0 eine Naturkonstante, mC12 ähnlich „elementar“ wie ΔνCs und Kcd beliebig festlegbar, aber die Definition von Ampere, Mol und Candela hing zusätzlich vom Kilogramm ab.
  9. Bei c, h und e handelt es sich um fundamentale Naturkonstanten, die sich nicht auf andere Größen zurückführen lassen. ΔνCs ist ein atomarer Parameter, der sich sehr genau kontrollieren und reproduzieren lässt. Die übrigen drei Konstanten wurden hinzugenommen, um gewohnte Maßeinheiten zu behalten: NA ist ein durch Übereinkunft festgelegter Zahlenwert, der möglichst genau dem Umrechnungsfaktor zwischen der atomaren Masseneinheit und der SI-Einheit „Gramm“ entsprechen soll. kB und Kcd sind (ebenfalls willkürlich festgelegte) Umrechnungsfaktoren zwischen den thermodynamischen bzw. photometrischen Einheiten und den MKS-Einheiten (siehe SI-Broschüre, 9. Aufl., Kap. 2.2.1).
  10. Vor der SI-Revision war der Zahlenwert der magnetischen Feldkonstante μ0 festgelegt und e eine experimentell zu ermittelnde Messgröße. Seit 2019 ist es umgekehrt. Dieser Wechsel wurde beschlossen, weil die Realisierung elektromagnetischer Maßeinheiten technisch einfacher und präziser über die Josephson-Konstante und die Von-Klitzing-Konstante erfolgen kann und diese auf e beruhen. doi:10.59161/CCEM2007REC1E
  11. Die Einheiten „Kelvin“ und „Candela“ sind nicht von der Lichtgeschwindigkeit c abhängig. Zwar hängt ihre Definition in der hier gezeigten Darstellung u. a. von den Einheiten „Meter“ und „Kilogramm“ ab und diese wiederum von c. Führt man Kelvin und Candela jedoch ganz auf die definierenden Konstanten des SI zurück, kürzt sich bei der Rechnung c heraus.
  12. Für Vielfache des kg ist auch die Verwendung der Nicht-SI-Einheit Tonne (1 t = 103 kg = 1 Mg) zulässig und üblich, aus der wiederum mit Präfixen Einheiten wie „Kilotonne“ (kt) oder „Megatonne“ (Mt) gebildet werden können.
  13. Bisweilen wird gesagt, das SI gelte nicht in den USA. Dies trifft nicht zu: Seit dem Metric Act von 1866, erweitert 2007 auf das SI, ist das metrische System in den USA zugelassen. Seit dem Metric Conversion Act von 1975 ist es das preferred measurement system for U.S. trade and commerce, allerdings nicht verpflichtend. Für den Handel mit Endverbrauchern schreibt der Fair Packaging and Labeling Act seit 1994 die Kennzeichnung sowohl in metrischen Einheiten als auch in customary units vor.
  14. Einige Einheiten, die nicht zum SI gehören, aber noch in Gebrauch sind, wurden ursprünglich nicht über das metrische System definiert – zum Beispiel Kalorie (Definition über die Erwärmung von Wasser), Curie (Aktivität von Radium-226), Seemeile (Erdumfang) sowie Yard und Pound (Prototypen). Mittlerweile sind die meisten dieser Einheiten über SI-Einheiten neu definiert worden. Sie gehören aber nicht zum SI.

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